Tobias Knipf & Andreas Kronbeck: „Design ist ordnen.“

Porträt_Tobias_Andreas_(c)_VeronikaDraexlerFotos: Veronika C. Dräxler

So richtig schön wird das Münchner Westend erst ab der Hausnummer 100 in Richtung Aufsteigend. Da gibt es sie noch, die schönen und erschwinglichen Ladenbüros und ein urgemütliches Heile-Welt-Gefühl. Keine Hektik. Kaum Autos. Vor dem Büro des Designer Duos Musclebeaver hängen vier junge Männer Lichterketten auf – für das Sommerfest am nächsten Tag. Tobias Knipf (34) und Andreas Kronbeck (32) arbeiten in einer Bürogemeinschaft mit dem Fotografen Yves Krier, dem Grafikdesigner Moritz Welker und dem Konzepter Christian Müller. Die Arbeitsräume wirken wie ein Spielplatz für Freunde des guten Geschmacks. Einige Ausstellungsposter vom Haus der Kunst sind eingerahmt, Fotobände stehen in den Regalen, dazwischen E.T. oder auch Mal eine Actionfigur. Seit sich Andreas und Tobias während ihrem Design-Studium an der HS München kennengelernt haben produzieren sie unter dem Namen „Musclebeaver“ zusammen Animationen, Illustrationen und andere grafische Arbeiten. An der Wand neben seinem Schreibtisch hat Andreas sein Rennrad auf einem speziell für Vorzeige-Rennräder konstruiertes Regal-Aufhängesystem geparkt. Wir setzen uns an seinen Schreibtisch. „Ich habe doch gar nicht gelernt, für das Interview“, sagt Andreas. Unter seinem schwarzen Muskelshirt trägt er einen durchtrainierten Oberkörper. Schwarz mit weißen Akzenten ist für Andreas und Tobias heute wohl Dresscode. Auf Tobias schwarzem Shirt prangt ein großes, weißes F. Ein Design für die befreundete Band Frittenbude. Tobias trägt seine schwarze Cap mit dem Visier nach hinten gedreht und Andreas gewöhnlich nach vorne. Diese beiden haben sich gesucht und gefunden: Ein guteingespieltes Designer-Ying-Yang.

Tobias, Andreas – zeigt mir doch Mal am Computer euer aktuelles Lieblingsbild.

Tobias: Unser Lieblingsbild? Ne.

Andreas: Ich habe keines.

Tobias: Obwohl, ich habe nur ein Lieblingsfoto, dass ist der Pool Guy. Veronika, hast du den Hype um den Pool Guy mitbekommen? Ich habe im Urlaub dieses Bild gemacht, auf dem ich in einen Swimmingpool hüpfe. Das habe ich Online gestellt und dann haben die Jungs hier im Büro angefangen das zu remixen. In wenigen Stunden haben immer mehr Freunde mitgemacht. Meinen Freunden ist – glaub ich – manchmal langweilig. Innerhalb von zwei Tagen sind da 50, 60 Beiträge entstanden. Das war zu der Zeit von Harlem Shake.

Andreas: Ja, als Harlem Shake noch lustig war.


Der Pool Guy Tumblr ist ja super! Welche Internet-Seiten seht ihr euch an, wenn ihr Inspiration braucht?

Andreas: Was mich generell fertig macht in letzter Zeit, ist dieser Overkill an coolen Sachen im Internet. Ich komme da manchmal sogar weg davon, mir viel anzuschauen und fange eher an aus dem zu schöpfen, was ich nach meinem Empfinden gut finde. Das hat viel Gutes, dass es so viele Inhalte gibt, wenn man Inspiration braucht, aber ich habe aufgehört zu sammeln. Ich hatte mir Ordner angelegt. Aber ich habe gemerkt, dass das nur Balast ist. Dann habe ich die alle wieder gelöscht. Jetzt fühle ich mich freier. Aber was ich nach wie vor mache: Zum Frühstück scrolle ich immer erst Mal durch Ffffound.

Tobias: Ich mag ignant.

Für das Sommerfest morgen sieht es hier aufgeräumt aus. Wie ist das im Arbeitsalltag, herrscht bei euch eher kreatives Chaos oder Ordnung?

Tobias: Ich sage da nur so viel: Mein Spitzname ist „Der Archivar“.

Andreas: Der Tobi ist so crass, der kann alles labeln und sortieren. Ich wäre gerne so, aber ich kann das nicht. Erst vorhin habe ich es versucht, beim Aufräumen. Ich habe immer so eine Chaos-Schublade, ich nennen sie den Höllenkasten. Mein Desktop sieht auch oft so aus wie der Inhalt meines Höllenkastens.

Tobias: Ich kann ja Stunden damit verbringen Bücher in einem Regal nach einer speziellen Reihenfolge zu sortieren. Meine Musik muss ordentlich beschriftet sein. Ich weiß auch wo meine Freundin ihre Sachen hin hat, wenn sie die sucht. Ich kann mir das einfach merken.

Hat nicht gestalten viel mit ordnen zu tun?

Tobias: Ja. Design ist für mich ordnen.

Andreas: Vielleicht bin ich daher privat nicht so ordentlich, weil ich beruflich ordne?

Dazed Digital lobt eure Designs als „einzigartig und innovativ“. Euer Stil wird dort als „akribisch genau“ beschrieben. Wie kommt ihr als Designer zu einem eigenen Stil?

Andreas: Schwierig. Ich kann das nicht gut beantworten oder im nachhinein analysieren. Das ist ein Verständnis, was ich nach Jahren von Studium und Ausprobieren entwickelt habe. Ich glaube die Stilsuche hört nie auf. Du läufst dem Stil immer hinterher, erreichst den einen Stil aber nie. Du willst besser werden, machst viel, holst dir Input von außen, machst nach und irgendwann zweigst du in deine Richtung ab. Fühlst dich sicher. Aber deine Richtung verändert sich mit der Zeit.

Tobias: Wir entwickeln für jedes Projekt einen eigenen Stil. Die sehen alle jeweils anderes aus. Was sie aber gemeinsam haben ist diese Liebe zum Detail. Wir achten in unseren Animationen und Illustrationen auf die kleinsten Feinheiten. Andi und ich haben jeweils ein eigenes grafisches Empfinden und das wird man sicher auch in unseren Arbeiten wieder finden.

In wie weit ergänzt ihr euch bei euren Arbeiten?

Tobias: Wir beide haben eine Vorliebe für das Simple. Wir schauen viele Filme, spielen Videospiele, lesen Comics – wir haben da viele Gemeinsamkeiten. Da heißt es dann, hey kennst du den Film? Dann kann ich das gleich aufgreifen und weiß auch gleich was Andi meint. Wir ergänzen uns ziemlich gut und sind auf einer Wellenlänge. Klar gibt es manchmal Diskussionen, da findet der eine Rot und der andere Blau gut, aber das ist nie so problematisch. Lustig wird es, wenn es um´s Konzepte schreiben geht, dann schreibt der Andi viel und ich wenig.

Andreas: Ich formuliere tausend Schachtelsätze…

Tobias: …und ich sage dann, setz doch Mal einen Punkt.

Andreas: Außerdem, bei Projekten bin ich emotionaler und Tobi ist ausgeglichener und rationaler.

Wie gestaltet ihr den Designprozess bei Musclebeaver?

Tobias: Erst schreiben wir Ideen auf. Alles was uns als allererstes in den Kopf kommt, dann setzen wir uns getrennt hin und suchen Beispiele zu den Ideen. Nicht das wir aus versehen etwas machen, was es schon gibt. Nach dem sammeln setzen wir uns wieder zusammen und diskutieren. Da merken wir dann schnell, bei dem Hin und her wo wir hin wollen.

Andreas: Ganz wichtig ist der Zeitplan. Wir könnten uns auch ewig in der Recherchephase aufhalten. Wir haben erfahren, dass man sich gerne unterschätzt und mehr Zeit einplanen sollte als man denkt. Zum Beispiel nehmen wir die eigentlich geplante Zeit Mal den Faktor zwei.

Ihr habt euch ja bei eurem Designstudium an der HS München kennengelernt. Wann würdet ihr sagen kam der Sprung vom Studentischen Schaffen zur Professionalität bei euch?

Andreas: Nach dem Studium sind wir ja erst Mal getrennte Wege gegangen.

Tobias: Ich war dann erst mal bei der Designliga angestellt. Viel von dem was das Studium nicht vermittelt habe ich dort mitbekommen. Neben dem gestalterischen auch wie ich mit Kunden umgehe. Ich habe schnell gemerkt, dass man für die Arbeit mit Kunden eine ganz andere Geschwindigkeit braucht. Mit meinen damaligen Kollegen der Designliga bin ich auch immer noch sehr gut befreundet und habe dort ein gutes Netzwerk aufbauen können.

Andreas: Ich habe am Anfang sehr von Tobis Netzwerk und Kontakten mitprofitiert dürfen. Da bin ich schon dankbar. Nach dem Studium habe ich eine Zeit lang Home-Office gemacht, ich wollte nicht in eine Agentur. Ich habe mich orientiert, prokastriniert und immer so kleine Illustrationsjobs gemacht. Das war ok. Erst als die Entscheidung kam, dass wir uns ein Büro suchen, das war der Wendepunkt zur Professionalität. Wir haben hier im Westend so ein kleines Eckladenbüro genommen, das nicht großartig teuer war. Ich weiß nicht ob wir uns verändert haben, weil wir gedacht haben, dass wir jetzt eine andere Außenwirkung haben oder weil wir so tatsächlich anders gewirkt haben.

Tobias: Doch das hatte eine andere Ernsthaftigkeit. Ich habe da die ersten Monate noch ein paar Tage bei der Designliga gearbeitet, bis ich gemerkt habe, dass das bei uns läuft.

Musclebeaver ist im Kern aber von der Größe auf euch zwei beschränkt geblieben. Wollt ihr nicht eine große Agentur werden?

Tobias: Jetzt haben wir hier mit den anderen Jungs genau die Größe, dass es cool ist. Wir wollen gar nicht mehr wirklich wachsen. Wir wollen die Designs schon selber machen und nicht machen lassen. Wir haben hin und wieder Support von ein, zwei Leuten, die uns unterstützen, aber das Design selbst bleibt Tagesgeschäft für uns. Nicht das Telefonieren und Anweisungen geben. Wir haben keine sonderlichen Ambitionen noch zu wachsen.

Andreas: Ich sehe das so, je größer das Geschäft, desto größere die Probleme. So wie wir gerade sind, so ist das angenehm.

_________________

Zu Musclebeaver’s Webseite/Facebook Page/Tumblr

_________________

Eindrücke vom Musclebeaver Sommerfest

Mslbvr_Sommerfest-3

Mslbvr_Sommerfest-4

Mslbvr_Sommerfest-10

Mslbvr_Sommerfest-11

Mslbvr_Sommerfest-12

Mslbvr_Sommerfest-13

Mslbvr_Sommerfest-8

Mslbvr_Sommerfest-9

Mslbvr_Sommerfest-14

Mslbvr_Sommerfest-15

Mslbvr_Sommerfest-16

Mslbvr_Sommerfest-17

Mslbvr_Sommerfest-18

Mslbvr_Sommerfest-19

Mslbvr_Sommerfest-20

Mslbvr_Sommerfest-22

Mslbvr_Sommerfest-21

There are 5 comments

  1. eisee8sch

    Zeile 12/13:
    „Unter seinem schwarzen Muskelshirt trägt er einen durchtrainierten Oberkörper.“
    hihi … und was „trägt“ er unter seinem designten Oberkörper?

Schreibe einen Kommentar zu FALSCH Cancel