CeBit #RTB15

07:05 Berlin Hauptbahnhof: Der Zug fährt pünktlich ein, doch die Anzeige der Waggons stimmt mal wieder nicht. Stimmen sie überhaupt je? Auf der Fahrt nach Hannover treffe ich bereits den ersten CeBIT-Besucher. Ein Mann in meinem Alter, der durch seinen Tech-Guide in der Hand auffällt. Er wolle dort zu einem Workshop. So spannend kann sein Heft jedoch nicht sein, denn kurze Zeit später schläft er ein.

Pressc_Natalie_cebit_15Um kurz nach neun betrete ich das Messegelände Hannover. Das habe ich zuletzt zur Expo Real – viele Jahre ist das nun her. Ich will sie lieber nicht zählen. Erst als ich mit dem Shuttle kurz vor die Halle acht gefahren werde, fällt mir auf, wie weitläufig das Gelände ist. Noch einmal zum Pressecounter in den gläsernen Palast und dann habe ich mein heutiges Ziel erreicht: Ich stehe vor der Anmeldung für „Rock the Blog“. Zugegeben der Name klingt nicht so vielversprechend, aber ich will es nun doch lieber vom Inhalt als von der Verpackung abhängig machen. Und schließlich bin ich mit einem Redaktionsauftrag da: Ich darf für taz.de der „Blogtradition der CeBIT“ nachgehen.

Neben Marketing-Panels, ein paar Workshops und Sitzgelegenheiten, die sich eignen, um ins Gespräch zu kommen, batteln sich Techblogger Sascha Pallenberg (mobliegeeks) mit Matthias Schrader (Curved). Es geht um „Quality Content“ – das ist sehr amüsant. Alle wollen (und müssen) im Netz Geld verdienen, aber ein Geheimrezept gibt es nach wie vor nicht. Sascha hat es geschafft: Er kann vom Bloggen leben. Das finanzieren ihm „Hubs“ die mit „sponsored by“ gekennzeichnet sind und trotzdem kritisiert er seine Sponsoren zu gegebenem Anlass viel und gerne. Diesen Luxus kann sich Matthias nicht leisten, denn die Page „Curved“ wird von E-Plus bezahlt. Und so geht die Diskussion weiter – über die Art und Weise wie Werbung bzw. ein Sponsoring gekennzeichnet sein soll, da scheiden sich bei beiden die Geister.

rtb14_cebit_still_natalie_mayroth-8491Sascha und der Moderator des Talks Karsten Lohmeyer (Lousy Pennies) treffe ich nach dem Gespräch. Sie sind beide ganz euphorisch. Für sie ist Bloggen lange nicht tot. Im Gegenteil: Die Verlage seien tot, da ihnen die Ideen ausgehen. Dass das Internet nicht kommerziell ist, sei eine Lüge – seine These. Karsten, der eigentlich Journalist ist, machte sich als Blogger selbstständig und nun ist er mittlerweile in einem Telekom-Projekt involviert. Auf der Messe ist er beruflich und befüllt in diesem Jahr quasi als Lobo-Nachfolger das CeBIT-Blog. An diesem Nachmittag treffe ich neben Geschäftsmännern in Jacketts auch auf einige Mädels, die auffällig auf ihr Äußeres bedacht sind.

Viele von ihnen betreiben selbst ein Blog, wie Andrea (The Adorable Two) oder Michelle (Goldie). Sie studieren noch und wollen sich einmal umsehen. An Karten kamen sie über ihren Univerteiler. Kleines Highlight ist der Vortrag zur Evolution der (Mode-)Blogs von Jessica Weiß (Journelles), den ich mir ansehen. Sie hat es geschafft den Spieß umzudrehen. Früher wollte sie unbedingt auf Pressenewsletter, heute versucht sie davon heruntergenommen zu werden. Sie war ehrgeizig, ist dabei geblieben, hat sich Unterstützung (von Burda Media, anderen Bloggern und Freunden) gesucht. Auf der Bühne kommt sie sympathisch herüber – und auch sie muss zugehen, dass sie froh ist, dass ihr erstes Blog nicht mehr öffentlich zugänglich ist. Sie hat sich professionalisiert, sagt aber auch, dass man dafür investieren muss. Ihre Zeiten im Schlafanzug vor dem Laptop sind vor bei. Bloggen ist Business.

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Die Eindrücke, die ich aus Hannover mitnehme, sind keine Neuen. Aber sie zeigen mir, wie versucht wird auf Blogs und Blogger zu zugehen und es Unternehmen zum Teil noch sehr schwer fällt, „diese Blogs“, die es nun auch schon länger als gestern gibt, zu begreifen. Was definitiv angekommen zu sein scheint, ist dass ungewöhnliche Wege der Kommunikation und des Ausprobierens gefördert werden sollten. Ob das passiert, wenn Bloggerinnen ihre Visitenkarten gegen Smoothies tauschen oder mit IT-Firmen kooperieren, ist fraglich. Doch ohne Versuche, wird sich auch nichts Neues ergeben.

17:16 Messe Hannover: Ich wimmle an den Leuten vorbei Richtung Shuttlebus, denn die Bahn wartet bekanntlich nicht auf einen. Doch in Berlin erwartet mich eine Freundin. Morgen ist Nourouz – persisches Neujahr und das muss schließlich gefeiert werden. Ich stehe am Gleis. Keine Bahn da, so wie immer, wenn man sie mal benutzt. Neben mir höre ich Gespräche darüber, was diese „V-Blogger“ wohl sind. Ich muss ein bisschen lachen und kann mir ganz gut vorstellen, wo sie dieses Wort wohl aufgeschnappt haben.

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