Michal Zietara: „Ich teste die Erdanziehungskraft.“

Michal_zietara_©Natalie_Mayroth-

Wo Michal Zietaras (27) Lockenkopf ist, da ist garantiert Party und gute Stimmung. Wenn er nicht als Sonntagskind geboren wurde, so hat ihn das Leben zu einem gemacht. Ihn schlecht gelaunt anzutreffen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Ist Michal zu Gast, bringt er nicht nur gute Laune mit ins Haus, er hat auch stets die passende Musik in seiner Plattentasche. Viele Jahre hat der gebürtige Pole in Bayern gelebt und ist letztes Jahr nach Berlin gezogen. Im September letzen Jahres hat Michal seinen langjährigen Beruf als Chemikant aufgegeben und konzentriert sich jetzt auf seine Karriere im Music Business und das DJing. Aber auch wenn er nicht gerade auflegt ist er viel im Nachtleben unterwegs – man trifft ihn an unterschiedlichen Stützpunkten seiner Tanzen ist auch Sport Crew, die über Berlin und München hinaus in Hamburg, Köln, Wien, London und Mailand veranstaltet. Auf Michals langer To-Do-Liste steht im Moment an oberster Stelle das Wup Wup Label One Step Back Ahead kurz OSBA. Er produziert hierfür Tracks und kümmert sich um die GEMA-Angelegenheiten, den Vertrieb und die Organisation. Auf der ersten Platte, die am 20. April pünktlich zum Record Store Day veröffentlicht wurde, sind Tracks von Alex Bayer, David Silver, Dynamodyse und David Goldberg zu hören. Wenn Michal nicht auf Tour ist, pflegt er eines seiner außergewöhnlichen Hobbies: er legt sich auf den unterschiedlichsten Untergründen flach.

An einem verregneten Freitag treffe ich Michal nach dem DJ-Workshop von Aura.Karma.Anders im Olympia-Gelände in München. Die Wegbeschreibung führt mich vor einen scheinbar verlassenen und kargen Betonklotz, der seine besten Jahre als ehemalige Mensa des Olympiadorfes längst hinter sich hat. Ob ich mich verlaufen habe? Doch als mir dann im Gang die ersten Bässe entgegen dröhnen, wird mir klar: Ich bin wohl doch am richtigen Ort. Hier coachte bis vor wenigen Minuten Michal zusammen mit Maxâge ehrenamtlich eine kleine Gruppe von Jugendlichen in den Basics des Auflegens mit Platten.

Ein Gespräch mit Michal Zietara über die Hintergründe des Künstlerkollektivs Wup Wup.

Michal, wie kamst du eigentlich zum Auflegen?
Ich war mit 14 Jahren ganz schön beeindruckt von einem Freund meines großen Bruders, der damals aufgelegt hat. Er und mein Bruder gingen damals schon auf die Love Parade, aber ich war noch zu klein, es hatte mich aber schon brennend interessiert. Als ich dann die Qual der Wahl hatte mein Erspartes für einen Plattenspieler oder in ein Mountainbike zu investieren habe ich mich für den Sport entschieden. Ein paar Jahre später mit 21 hatte ich schon  zwei Knieoperationen hinter mir und ließ es sportlich langsamer angehen. Bei meinem Freund Benjamin Popp habe ich angefangen jeden Tag nach der Schule aufzulegen, zuerst mit seinem Plattenspieler, kurz darauf besorgte ich mir meine eigenen und einen Mixer. Im Sommer darauf machte ich in der Bar 25 mit Viktor Matic Bekanntschaft. Das war eine kuriose Geschichte. Eigentlich habe ich ihn nur mit einem DJ aus der Panorama Bar verwechselt, da er das gleiche Hemd trug. Wir kamen ins Gespräch und er hat mir dann von seiner Vision erzählt: Wup Wup – einem Künstlerkollektiv, das Partys und Ausstellungen in verschiedenen Städten organisiert. Damals war die Idee noch eine Idee. Ich bin sozusagen fast von Anfang an mit dabei. Seit diesem Tag in der Bar sind Viktor und ich enge Freunde.

Man kennt dich vor allem als DJ von Tanzen ist auch Sport – wer seid ihr?
Tanzen ist auch Sport ist eben dieses Artist-Kollektiv, welches sich Victor ausgemalt hatte. Wir sind ein Zusammenschluss verschiedener lustiger Leute von DJs, Designern und Andersdenken-den oder einfach Leuten die Lust haben Parties zu organisieren, wie zum Beispiel unser Almfest “Almore“. Das hat bisher zweimal stattgefunden. Letzten Sommer kam es leider nicht dazu, da uns vonseiten der Südtiroler Politik immens hohe Auflagen in den Weg gelegt worden sind. Ich nehme an, sie hatten wohl etwas gegen unser schönes Fest. In Südtirol, genauer gesagt in Bozen, wurde das Konzept von Wup Wup geschmiedet und letztendlich gegründet von Viktor Matic. Ich bin einer der DJs aus dem Kollektiv. Seiner Zeit, als ich noch in Bayern gewohnt habe, war ich Mitorganisator im Raum Bayern und jetzt in Berlin. Es hat sich seit diesem Jahr aber auch vieles bei uns getan. Wir waren ja ganz am Anfang Wup Wup mit dem Slogan „Tanzen ist auch Sport“, der dann überhand nahm. Das sorgte ganzschön zu Verwirrungen. Wup Wup  ist Quasi das Dach unter dem die Design- und Kunstprojekten laufen. Die Partyreihe heißt Tanzen ist auch Sport, aus dem Interesse heraus, das Design mehr von den Veranstaltungen zu trennen. Neuerdings kam das Plattenlabel One Step Back Ahead hinzu.

Michal, kommen wir auf die Gründung eures Labels OSBA zu sprechen. Eine Platte von euch gibt es nun auch, bist ist du auch darauf zu hören?
Auf der ersten Platte bin ich noch nicht zu hören. Das ist eine Various Artists mit Alex Bayer, David Silver, Dynamo-dyse und David Goldberg. Die Jungs hatten schon vor mir ihre Tracks fertig. Ich produziere noch fleißig für die Nächste, jedoch lasse ich mir da Zeit. Es soll ja was Qualitatives herauskommen. Unsere erste EP: „Don´t ask about the Iron“ ist in ausgewählten Plattenläden, Onlinestores und auf unseren Veranstaltungen zu haben. Bei dem 8-köpfigen Team rund um OSBA schlage ich mich mit der Gema der Veranstaltungsorganisation und den Finanzen herum – das ist meine Hauptaufgabe als Mitbegründer. Nach dem Aufbau des Musiklabels unter einem neuen Namen kamen Gerüchte auf, man hätte sich zerstritten, aber ganz im Gegenteil momentan läuft alles wunderbar und die EP-Tour ist im vollen Gange. Bei den Veranstaltungen in der Wilden Renate (17.05) und auf dem Light House Festival (25.05) werde ich mit den Jungs auflegen.

Wo ist dann euer Hauptsitz, oder gibt es den überhaupt?
Als großes Kollektiv sind unsere Leute auf viele Städte verteilt: Berlin, München, Wien, London, Hamburg, Mailand, Köln und Bozen. Zeitweilig sogar in Istanbul und Tel Aviv. Viktor, der nach wie vor in Bozen lebt, kümmert sich als Gründer um die Grafik und alle weiteren Kunst Projekte rund um Wup Wup. Es mag den Anschein haben, dass wir aus München sind, vielleicht liegt es daran, dass wir in Bayern groß geworden sind. Aber witziger Weise habe ich nie fest in München gelebt, ich bin ein gern gesehener Wochenendgast – nach wie vor. Gebürtig bin ich jedoch aus Polen, aufgewachsen in Burghausen.

Ich habe gehört du hast in Berlin einen neuen Stammclub?
Ganz so neu ist der nicht … Vor zweieinhalb Jahren hatte ich das Glück die Residents der Wilden Renate kennenzulernen und habe dort auch schon vor meinem Umzug nach Berlin aufgelegt. Unter der Woche bin ich dort als Kaffee kochende Assistentin zu finden. Das ist sozusagen mein Zweites zu Hause in Berlin, dort lege ich 1-2 Mal im Monat auf. Mein Platten wirble ich sonst auch im Chalet, Ritterbutzke, Farbfernseher und im Sisyphos.

Du hast erst seit Kurzem angefangen selbst zu produzieren, aber trotzdem hast du es in die bekannten Clubs in Berlin, München oder Wien geschafft. Was ist dein Rezept?
Mich wundert das selbst ein bisschen. (Er schmunzelt.) Ich war wohl immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Aber einfach zugeflogen ist mir das auch nicht. Ich lege jetzt schon seit sieben Jahren auf. Konsequent, mit Leidenschaft und jeden Tag. Ich sitze täglich da und versuche weiter zu kommen. So hat das seinen Lauf genommen. Seit September bin ich frei als DJ, Booking Assistent und kümmere mich um die Belange bei OSBA.

Als DJ stehst du oft im Rampenlicht auch auf Facebook bist du sehr aktiv – liebst du die Bühne?
Ein DJ muss ein Animator sein, er ist Unterhalter. Ich unterhalte die Tanzfläche und tanze gerne, deshalb mache ich das auch beim Auflegen. Wer nutzt Facebook denn nicht als Bühne? Ich poste Parties oder für zeige Fotos aus mein Kunst-Projekt: „Boden…g = 9,81 m/s²“ x 80% nüchtern 20% betrunken – bei der ich meine Erdanziehungskraft teste. Im Rahmen von Wup Wup wird es demnächst auch ein paar der besten Fotos in Berlin ausgestellt zu sehen geben und hoffentlich auch ein Fanzine.

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Wup Wup Website

Tanzen ist auch Sport Tumblr
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Eindrücke von der letzten Tanzen ist auch Sport-Party im Kong:

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Fotos: Natalie Mayroth

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