Felix Kraus & Richard Tator: „Der Erfolg der Anderen muss irrelevant für die eigene Arbeit sein.“

Felix Kraus und Richard Tator

Sie sind aus dem gleichen Holz geschnitzt und doch nicht blutsverwandt. Sie gehören zusammen, weil sie sich brauchen. Sie sind die Künstlergruppe „Richard Tator Cult Szosziety“. Felix Kraus, Student in der Klasse Dillemuth an der Akademie der Bildenden Künste München, ist Teil der Richard Tator Cult Szosziety und hat die Künstler Richard Tator, Miles Macre, Coca van Ckock und Riley Saint Dawn zum gemeinsamen Arbeiten und für die Ausstellung “Sex Through Death” in der U-Bahn Galerie der Akademie vom 11.12. bis 18.12. nach München eingeladen.

Die Künstlergruppe „Richard Tator Cult Szosziety“ hat mit Arbeiten wie der 3D Animation “Fucking Shit” von Richard Tator für Felix Kraus oder Porno-Chat-Protokollen von Coca van Ckock eine ganz eigene Ästhetik und Sichtweisen mit und über das Digitale Leben. Die Richard Tator Cult Szosziety bewegt sich zusammen in virtuellen Räumen, die Felix mit Acryl oder Aquarell malt und die dann von Richard gerendert werden.

Ein Gespräch mit Felix Kraus und Richard Tator, dem Gründer der Richard Tator Cult Szosziety über Gruppendynamik in der Kunst.

In der Richard Tator Cult Szosziety seid ihr zu fünft. Künstlern sagt man oft nach, sie seien besonders exzentrisch und selbstbezogen. Wie ist das bei euch? Ist das mit so vielen Künstlerdickschädeln in einer Gruppe nicht unglaublich anstrengend?

Richard: „Ich, Ich, Ich“… diese ewige Ich-Bezogenheit bringt dich doch auch als Künstler irgendwann um, das ist eine Einbahnstraße. Mich hat dieses Ego-Thing (Anm. der Redaktion: Richard ist aus New Jersey), diese ständige Selbstbezogenheit und Ich-Reflektion ohne wirklich weiterbringende Ergebnisse depressiv gemacht. Einen Abstand zu sich selbst zu haben ist meiner Meinung nach sehr wichtig. Ich lebe nach der Devise: Always be one step ahead of yourself – Sei dir selbst immer einen Schritt voraus. In einer Gruppe zu arbeiten bringt die Möglichkeit eines ständigen Austausches und es schafft diese wichtige Distanz zur eigenen Arbeit. Bei uns ist es ein ständiger Prozess mit unheimlich viel Input und Output. Felix, Coca, Miles oder Riley haben eine Idee, sie erzählen davon und mich inspiriert das wieder zu etwas Neuem. Oder andersherum. Jeder befruchtet jeden in der Gruppe. Wir greifen Ideen auf, modifizieren sie, reagieren, geben sie wieder in die Gruppe. Seit ich die Richard Tator Cult Szosziety gegründet habe, kommt das nicht mehr vor. Weder ich noch einer der Gruppe hatte bisher dieses lähmende Gefühl, nicht mehr weiter zu kommen, in einer Sackgassen zu stecken. Wir sind eine Familie – wir lassen uns nicht hängen, unterstützen uns. Wir sind like-minders – Gleichgesinnte.

Felix: (fällt ihm ins Wort) Richard wird immer so sentimental, wenn’s um die Gruppe geht! (lacht) Ich bin ganz froh, dass ich mit euch nicht blutsverwandt bin. (Richard wirft Felix einen enttäuschten Blick zu)
Oh come on, man, you know I love you, Rich! Es ist nur, ich suche keine Ersatzfamilie in der Gruppe. Ich bin nicht der Sohn von Coca und Richard, oder der Bruder von Miles und Riley. Aber Ich habe ähnlich wie Richard gemerkt, dass ich Gleichgesinnte brauche. Immer allein gegen alle anderen macht krank. An der Akademie wurde ich mit einem schwarzen Kern von mir konfrontiert. Ich ertappte mich anfangs dabei, dass ich es oft nicht sehen konnte, wenn meine Kommilitonen erfolgreicher waren als ich. Ich habe es aber nicht ausgehalten, dass ich diese Missgunst in mir gespürt habe. Das ist die schlimmste Emotion, die es gibt. Sie erzeugt außerdem unnötigen Druck. Und Druck und Kunst gehen niemals zusammen. Außer in der Druckkunst vielleicht. Der Erfolg der Anderen muss irrelevant für die eigene Arbeit sein. Ich wollte mich für andere freuen, und ich wollte, dass sich Andere auch für mich freuen können. Ein Miteinander. Also habe ich nach Menschen gesucht, denen es ähnlich ging. Und mit der Richard Tator Cult Szosziety habe ich sie gefunden.

Was bedeutet für euch Kunst?

Richard: Ich mag den Begriff Kunst nicht! Als gäbe es auf der einen Seite die Kunst, und auf der anderen das richtige Leben. Eine scharfe Trennung von Kunst und Leben. Oder überhaupt eine Definition, was Kunst ist. Das gibt es heute nicht mehr.

Felix: Ja, da stimme ich zu. Mit unserer Gruppe wollen wir zeigen, dass es nicht möglich ist, als Künstler seine Arbeit von seinem Leben zu trennen. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass wir keine Kunst machen, sondern wir konfrontieren einfach andere Leute mit unserer Lebenseinstellung, mit unseren Gefühlen, unseren Sichtweisen… weil es uns erfüllt.

Richard: Wenn man das so sieht, war Gandhi der beste fucking Künstler den es je gab.

Was bedeutet der Titel eurer Ausstellung „Sex Through Death?“

Richard: Alle in der Gruppe sind große Fans von Wortspielen, und you always read about people dying, man kann so oft lesen, dass Menschen versterben und ihre Todesursache wird gerne hervorgehoben. Das liest sich dann so: Death through suffocation, death through stoning, death through putting a hamster up your ass und so weiter.

Felix: Wir drehen gerne Sachen auf den Kopf, nehmen gegensätzliche Sichtweisen ein, beleuchten die Dinge von einer anderen Seite. Daher die ultimative Umkehrung von death through sex.

Richard: The best sex is only possible, when you’re dying while doing that. – Der beste Sex ist eben nur möglich, wenn du dafür sterben würdest, in dem Moment.

Woher willst du das wissen, Richard?

Richard: I’ve done my research – ich habe meine Erfahrungen gemacht und ich bin fast daran gestorben.

Erwartet den Besucher bei eurer ersten gemeinsamen Ausstellung „Sex Through Death?“ Gruppenkuscheln?

Felix: So ähnlich! Wir zeigen unser komplettes, angenehm überforderndes Repertoir: Film, 3D-Animationen, Malerei, Papierprägearbeiten, gelaserte Glasobjekte, Performances, Fotografien, Musik, und es gibt eine Lesung aus dem neuen Roman von Riley Saint Dawn “The Book You Read”.

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Mehr zur Künstlergruppe “The Richard Tator Cult Szosziety” findet ihr auf ihrer Homepage hier.

Alle Daten zur Ausstellung “Sex through Death” findet ihr hier auf Facebook.

There are 4 comments

  1. FALSCH

    Verehrteste!
    Leider hat sich mein klammer, alter Leib dort zu spät eingefunden.
    So konnte ich Ihrer nicht mehr wahrnehmen.
    ich hoffe es kommt dennoch eines Tages wieder zu einer Zusammenkunft!
    Hochachtungsvolles Ergrüßen!
    Ihr Falsch

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