Fabian Sixtus Körner: „Meine Konzepte entstehen aus einer Notlage.“

Fabian_Körner_©_Natalie_Mayroth

Zwei Jahre lang hat Fabian Sixtus Körner (32) eine Designwalz rund um den Globus gemacht. Ein ausgelernter Handwerksgeselle ist er nicht, aber die Tradition die eigene Arbeitskraft nur für Kost und Logis anzubieten und in die Welt auszuziehen, hat er für sich als Innenarchitekt und Gestalter interpretiert. An Stelle eines Walztagebuchs führte er den Blog „Stories of a Journeyman“. Seine Erlebnisse auf der Reise hat er in seinem Buch „Journeyman“ zusammengefasst und damit einen lebensnahen, authentischen und unkomplizierten Bestseller geschrieben. Fabian und ich treffen uns zum Interview im Berliner Café Nest. Fast verpassen wir uns, weil ich hinten im Café Platz genommen habe und er in einer Nische vorne. Ich darf sein in schweres, braunes Leder gebundenes Reisetagebuch durchblättern, indem sich zwischen den Notizen auch hin und wieder kleine Zeichnungen befinden. Die Seiten sind ungewohnt beschrieben. Die rechte Seite ganz normal, die Linke steht auf dem Kopf. „Ich kann links so schlecht schreiben. Darum habe ich erst nur auf den rechten Seiten Notizen gemacht. Als das Buch voll war, habe ich es umgedreht und von hinten nach vorne geschrieben“, erklärt er. Ungewöhnlich – das beschreibt Fabians Art zu arbeiten.

Fabian, du hast Innenarchitektur studiert, aber eine Designwalz gemacht. Jetzt bist du erfolgreicher Buchautor. Wie passt das zusammen?

Mein Fachbereich war im Studium mit Kommunikationsdesignern zusammengelegt. Ich habe mich aus Interesse zu den Vorlesungen dazugesetzt und auch Fotokurse mitgemacht. Kommunikationsdesign habe ich aber nicht offiziell studiert. Seit einem Praktikum in der Branche wusste ich, dass ich Innenarchitektur nicht als Beruf für mich sehe. Professionelles Schreiben habe ich nie gelernt, da musste ich mich auf mein Gefühl verlassen und habe für das Buch eng mit dem Lektorat zusammengearbeitet.

Wieso hast du dann überhaupt Innenarchitektur studiert?

Um ganz vorne anzusetzen: Ich bin ein ganz typischer Schulabbrecher. In der 11. Klasse bin ich mit einem Durchschnitt von 3 Punkten von der Schule gegangen (worden) und habe dann eineinhalb Jahre als Kellner und Aktensortierer gejobbt. Ich wollte aber auf jeden Fall mein Abi machen und habe dann das Fachabitur für Textiltechnik und Bekleidung nachgeholt. Diese Zeit hat mich darauf gebracht, dass ich etwas studieren will, was mit Gestaltung zu tun hat. In Wiesbaden war aber dann die Eignungsprüfung für Kommunikationsdesign schon vorbei. Darum habe ich mit Innenarchitektur angefangen und bin auch dabei geblieben. Es war ein Studium, das mir das konzeptionelle Denken und Umsetzen beigebracht hat.

Bist du während deines Studiums auch schon viel gereist?

Viel nicht und nur Backpacking innerhalb Europas, per Anhalter nach Kroatien und Spanien. Aber das war jeweils nicht so lang. Kurz vor dem Diplom war ich dann zum ersten Mal in Asien. Das war 2007 und Prolog zu meiner Idee des Journeymans.


Für deinen Blog und dein Buch hast du dich sozusagen als Fabian neu erfunden?

Ja total. Ich bin absoluter Konzepter. Zum einen ist da das Konzept, welches der Reise zugrunde liegt, das ich für mich selber geschaffen habe und dann natürlich auch eines in Bezug auf die Selbstdarstellung. Das hat sich auch noch während der Arbeit an dem Buch und Blog entwickelt bzw. geformt. Ich habe aktiv darauf reagiert, wenn bestimmte Fotos und Texte die Leser angesprochen haben. Das Coverbild des Buchs ist zum Beispiel ein Sinnbild für das Projekt. Es ist eigentlich nur ein Schnappschuss, denn als Rikscha-Fahrer habe ich auf Kuba nicht gearbeitet. Ich war mit Daniel, einem Fotografen aus San Francisco unterwegs, da hat er spontan gesagt: „Setz dich da Mal rein, dann machen wir ein Foto.“ Jetzt steht dieses Bild für das, was durch die Medien und die Leser im Internet über diese Reise geschaffen wurde.

Glaubst du, dass die Medien, die dein Projekt aufgegriffen haben für das Image „Journeyman“ verantwortlich sind?

Die verschiedenen Veröffentlichungen über meine Reise haben mit Sicherheit ihren Beitrag geleistet. Der erste große Artikel war in der Four Seasons, vom Globetrotter. Da ist schon auch der Stereotyp „Ein Mann reist alleine um die Welt“ geschaffen worden. Ich finde das in Ordnung auf dieser Welle zu reiten. Aber ich gebe schon auch andere Seiten von mir preis, die dieses Image des einsamen Wolfs widerlegen, der durch die Welt reist und über allem steht, der unantastbar und nicht angreifbar ist. Das Buch ist sehr persönlich. Mit Details, die Andere vielleicht weggelassen hätten. Mir sind ja auch viele blöde Dinge passiert, die habe ich aber nicht verschwiegen.

Aber gerade, da der Protagonist Fabian Sixtus Körner nicht der „Einsame reisende Wolf“ ist, macht ihn nicht das für eine große Leserschaft sympathisch?

Natürlich wünscht man sich das als Autor, der gerade eine Art Autobiographie geschrieben hat. Ich habe genügend Fehler gemacht während meiner Reise, wüsste aber nicht warum ich diese verschweigen sollte. Die gehören zu dem Prozess des Lernens schließlich dazu. Demnach gibt das Coverfoto des Buches, auf dem ich eher wie ein Cowboy wirke, tatsächlich nicht ganz meinen tatsächlichen Charakter wieder. Viele erwarten eine andere Person, als die, die dann tatsächlich im Buch zu finden ist. Manche sind positiv, einige auch negativ überrascht. Aber ich denke nach wie vor, dass das Foto den Titel „Journeyman“ sehr gut unterstützt.

Welche Stellen waren denn so kritisch, dass du sie auch gut hättest verschweigen können?

Schwierig war die Aktion Interviews in Havanna zu führen. Da habe ich auch nicht an das Risiko gedacht – hier höre ich oft: „Das weiß man doch, wie die Verhältnisse auf Kuba sind!“ Das ist also sehr dämlich sich selbst in so eine Situation hinein zu verfrachten, um dann Journalist dort zu spielen. Im Nachhinein frage ich mich: „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“ Aber diese Geschichte ist in einem Moment passiert, als ich auf einer Erfolgswelle geritten bin. Das Konzept der Reise ging viel besser auf als ich es mir überlegt hatte. Und diesem Moment habe ich leider für einen Augenblick vergessen, dass ich nicht nur für mich selbst verantwortlich bin, sondern dass meine Taten möglicherweise auch andere in Gefahr bringen können. Das war eine bittere Erkenntnis.

Aber insgesamt ist das Buch sehr positiv?

Es war ja auch insgesamt eine sehr positive Reise. Aber das Buch zeigt auch Konflikte und Schattenseiten. Bei den Blogartikeln musste ich natürlich aufpassen, dass ich nicht zu viele negative Sachen schreibe. Am Besten ausschließlich positive, weil ich ja noch weitere Jobs haben wollte. Und wenn ich jetzt über die eine Stadt oder den einen Job Kritik übe und das irgendjemand liest, bei dem ich mich im nächsten Land bewerbe, dann hätte er sich wohl gedacht: „Ich will lieber nicht mit einer schlechten Rezension im Internet stehen.“ Deswegen stehen im Blog hauptsächlich die erfreulichen Dinge. Im Buch ist das anders. Da hat man Einblick in die gesamte Emotionspalette.

Wie bist du auf die Idee der Designwalz gekommen?

Bei mir entstehen Konzepte meistens aus einer Notlage, die ich umgehen will. Als ich mit dem Studium fertig war, habe ich als Freelancer gearbeitet. Meine Verantwortungen haben sich in Grenzen gehalten und ich hatte das Gefühl, dass mir das Alltagsleben keine Überraschungen bieten kann. Ich habe mich schlichtweg gelangweilt, wollte reisen und Abenteuer erleben, mich dabei aber trotzdem in meinem Job weiterentwickeln. Hinter der Idee der Designwalz steht also für mich die Möglichkeit auf der einen Seite auszusteigen, bzw. aus dem System zu flüchten und mir aber auf der anderen Seite die Chance zu geben, während meiner Reise zu lernen. Nach meiner Rückkehr hätte ich dann etwas vorzuweisen, was mich auf dem Arbeitsmarkt attraktiver macht – so erhoffte ich es mir zumindest.

Hattest du keine Angst, dass du nach zwei Jahren Designwalz den Berufseinstieg vielleicht doch nicht schaffst?

Ich hatte anfangs schon bedenken, dass ich nach Deutschland zurückkehre und dann keine Möglichkeit bekomme, da wieder einzusteigen, wo ich aufgehört habe. Gegen Ende der Reise wusste ich allerdings, dass diese Angst unbegründet war, denn ich wollte gar nicht mehr dorthin zurück wo ich stehen geblieben war. Von meiner Designwalz habe ich gelernt gelassener zu sein – es geht immer irgendwie weiter. Ich scheue mich nicht mehr vor Aufgaben, die ich noch nie zuvor lösen musste. Gedanken an eventuelle Arbeitslosigkeit verschwende ich daher keine.

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Fotos: Natalie Mayroth

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