Günter Götzer: „Ich habe mich blauäugig reingestürzt.“

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Samstagabend, neun Uhr, Türschild Götzer in Giesing. Günter öffnet die Tür seiner neuen Wohnung. „Servus!“ Der lange Gang ist noch ziemlich leer, nur eine schwarze Lampe hängt, an der man gleich Günters Stilbewusstsein bemerkt. Schon hat Günter eine Kamera in der Hand. Zur Begrüßung schießt er von jedem Gast ein Foto, also auch von Veronika und mir. Dann zeigt er uns die Zimmer. Wir setzen uns an den Tisch in der Küche, auf dem eine Ananas steht, und trinken Smoothies.

Vor fünf Jahren hat Günter sein T-Shirt-Label Pfizipfei gegründet. Sein Stil vereint Elemente aus Metal, HipHop, Skate, Punk, Batik – kombiniert mit englischen Schriftzügen. Der Name Pfizipfei ist wie geschaffen für Günter. Der Begriff ist niederbayerisch und bezeichnet jemanden, der schnell vorbeirennt. Eine korrekte hochdeutsche Übersetzung dafür gibt es eigentlich nicht. Unter dem Namen gestaltet und bedruckt der gebürtige Hauzenberger nicht nur Shirts, sondern er kümmert sich auch in Eigenregie um das ganze Beiwerk: Fotografie, Webseite, Vertrieb und Marketing. Wahrscheinlich redet er deshalb von seinem Label in der Wir-Form.

Günter, jetzt bist du bereits fünf Jahre Labelbesitzer. Hättest du gedacht, dass du es so lange machst?
Ja, ich glaube schon. Das Ausmaß war natürlich noch nicht klar (Lacht).

Die ersten Jahre einer Gründung sind ja bekanntermaßen besonders zäh.

Vollgas. Da kommst du nicht aus. Ich habe mich ziemlich blauäugig reingestürzt. Du musst erst einmal die Leute dazu bringen, dass sie sich deine Sachen anschauen. Am Anfang ist es saumäßig viel Arbeit, wenn du alles selber machst. Bis man sich da einfindet, und einen Rhythmus findet – das dauert. Jetzt ist es Routine.

Trägt sich Pfizipfei inzwischen?
Ja, es trägt sich. Aber alles, was wir einnehmen, investieren wir auch wieder. Es ist aber immer noch ein hartes Business.

Aber Pfizipfei ist doch inzwischen in Bayern ziemlich bekannt!
Freilich. Aber die Masse ist das Stichwort. Du brauchst eine fette Marke. Unsere ist noch ziemlich klein.

Ab wann ist man ein großes Label?

Da müssen dich erst mal richtig viele Leute kennen und du musst ganz andere Zahlen verkaufen. Etwa so das zehnfache von dem, was wir verkaufen. Im Durchschnitt ist das etwa ein Stück pro Tag. Aber ich setze bewusst auf natürliches Wachstum. Ich habe auch keinen Bock, viel Geld reinzustecken, damit mich jeder kennt. Dann bist du nämlich genauso schnell wieder weg. So steigert es sich zwar langsam, aber natürlich. Ich merke es von Jahr zu Jahr, dass die Bestellungen und Stammkunden mehr werden.

Wie läuft der Internetshop?
Der läuft gut. Eigentlich laufen fast alle Bestellungen online. Er ist das Modell der Zukunft. Ich will ihn weiter ausbauen und optimieren, und mehr netzwerken. Vorgestern hat mich Amazon angerufen.

Wo kann man deine Shirts auch offline kaufen?
Im Westend im Huij habe ich Ware. Ich hatte auch was im 874 im Zentrum, aber die haben zugemacht. Die meisten Läden nehmen keine kleinen Marken auf, weil es für sie zu riskant ist. Die verkaufen lieber Vans oder Brixton. Ich habe auch überlegt, selbst einen Shop aufzumachen, in den ich auch kleinere Labels reinbringe. Welche, die vielleicht noch am Anfang stehen, bei denen ich aber weiß, die würde ich auch tragen. Das ist noch so eine Marktlücke. Selbst in Berlin gibt es nicht so viele solcher Shops.

Druckst du nach wie vor alles selbst?
Ja. Ich habe schon paar Leute, die auf Messen und bei Shootings helfen. Wir müssen schauen, wie das zukünftig weiterläuft.

Was sind die Pläne?
Anziehen! Nächsten Sommer 2015 bringen wir nochmal krass was an den Start. Eine ganze Kollektion. Da wollen wir viel mehr Promo reinstecken und das alles besser durchplanen. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt.

Wenn du die letzten fünf Jahre zurückdrehen könntest, was würdest du anders machen?
Ich könnte ja gar nichts anders machen. Wenn ich auf dem Stand von jetzt wäre, wüsste ich freilich viel mehr und würde viel mehr Leute kennen. Große Fehler haben wir, finde ich, nicht gemacht. Klar, Kleinigkeiten, mal den falschen T-Shirt-Lieferanten ausgewählt. Mei, nachher kann man immer alles besser machen. Es ist gelaufen, wie es gelaufen ist, und das passt schon.

Was ist die wichtigste Sache, die du gelernt hast?

Man muss sich selbst verkaufen, sich hinstellen und zeigen: Das ist der Typ dazu. Das habe ich am Anfang nicht so gemacht. Ich halte mich nach wie vor eher im Hintergrund. Ich mag das persönlich gar nicht so gern. Aber die Leute wollen das.

Auf Instagram vermarktest du dich aber zum Beispiel persönlich auch stark – und das kommt an. Du hast nur 74 Posts, aber über 12.000 Follower. Wie hast du das gemacht?
Ich habe sie nicht gekauft (lacht)! Woran es liegt, weiß ich selbst nicht genau.

Hey, da fällt mir ein: Ich hab einen Sticker von dir in Krumau gesehen.
Ja, da haben wir fett aufgetragen. Immer wenn ich irgendwo unterwegs bin, stickere ich. Die hängen inzwischen in Barcelona, in London, in Hamburg, Berlin natürlich, hm … Prag, und in vielen anderen Städten.

Was kannst du jungen Designern als Tipp mit auf den Weg geben?
Kontakte nutzen und Neue knüpfen. Im Internet nachlesen. Learning by doing. Ansonsten: Entweder Geld von den Eltern ziehen, oder irgendeinen Affen finden, der dir hilft oder einen langen Atem haben.

Welche war deine Variante?
Die Dritte.

Der Atem reicht noch?
Mei, manchmal ist es hart.

Aber Pfizi ist und bleibt dein Baby?
Auf jeden Fall.

Und was mich darüber hinaus weiterbringt, sind die Connections. Du kommst mit vielen Leuten ins Gespräch, wenn du auf Messen rumstehst. Dann kommen andere Labels und fragen, ob ich ihnen auch mal was drucke, sei es ein T-Shirt Design oder ein Grafikauftrag.

Für wen hast du bereits was gedruckt?
Zum Beispiel für das Münchner Skateboard-Label Favorite oder Zimtgrün aus Mainz.

Was wollen die?
Meinen Stil, deswegen sprechen sie mich ja darauf an. Aber das T-Shirt Business ist halt auch hart. Das meiste läuft über Bands, die deine T-Shirts tragen.

Rentiert es sich nicht, Bands zu unterstützen?

Naja. Am Anfang war es nicht schlecht, da hat es ein bisschen gewirkt. Ein, zwei Bands bringen was, etwa Heart in Hand die jetzt auch bekannt sind, und die wir von Anfang an unterstützt haben. Oder This or the apocalypse. Und natürlich Gravitiy Lost.

Was bringt ein Fernsehbericht oder ein Zeitungsartikel?

Ein bisschen was, aber die Wirkung ist natürlich auch begrenzt. Es sehen viele, und finden es vielleicht cool. Aber damit sich die Leute damit auseinandersetzen, müssen sie es ein zweites Mal vor Augen geführt bekommen. Da braucht es einen zweiten Schritt. Dann erst werden sich darüber bewusst, das hab ich schon einmal gehört und denken darüber nach.

Markenpsychologie.
Vollgas.

Schaust du dir an, wie es bei anderen großen Marken läuft?

Ja, schon, aber die meisten sind schon eher in Richtung Skaten unterwegs. Viele Marken steigen in der Skateszene ein. Das ist vielleicht bei uns anders.

Wieso keine Skate-Shops? Vom Stil her würde es ja passen.
Ich bin nie Skateboard gefahren. Wir wollten Pfizi anders verkaufen.

Wo ordnest du dich dann ein?
Das werde ich oft gefragt, ich kann’s selber nicht so sagen. Mode ist es nicht, was wir machen. Wir machen ja keine Schnitte. Am meisten würde ich mich in Richtung Design/Urban/Street einordnen.

Geht dein Label mit einer Musikrichtung einher?
Musik ist ein wichtiges Stichwort in der T-Shirt-Label-Branche. Wir haben viele Metal/Hardcore Bands unterstützt, aber das heißt nicht, dass wir anderen Musikstilen nicht aufgeschlossen gegenüber stehen.

Wie wäre es mit Hiphop?
Sowieso.

Schon mal jemanden angefragt?
Nein. Aber Huckey von Texta hat mir ein Shirt abgekauft.

Alles klar. Der von „So schnö kaust gor net schaun.“ Wo denn?
Das war in Linz auf einer Messe. Er ist mit seiner Freundin vorbeigekommen.

Hast du ihn auch beraten?
Nein, aber seine Freundin haben wir beraten. In punkto Größe. XS hat sie genommen.

Bisher konzentrierst du dich auf Oberteile und Taschen. Willst du noch mehr Teile anbieten, zum Beispiel Jeans?
Hosen sind noch zu krass. Da gibt es so viele verschiedene Größen und Längen. Pro Größe brauchst du auch wieder mindestens 20 Exemplare. Wir haben nicht so krass viel Abnehmer, dass man sagen kann: hey, ich verkauf jetzt 20 Stück auf einen Schlag.

Wie wäre es mit Poster?
Poster sind schwierig, da verkaufst du nicht viel.

Also ich liebe gute Poster.
Ich glaube, das ist so ein grafikinternes Ding. Das gefällt uns als Designer, aber das schätzen nicht so viele Leute.

Was ist der Kassenschlager?
Das Norbert Shirt hat sich am Besten verkauft.

Letzte Frage, Günter: Wer hat dir auf deinem Weg am meisten geholfen?
Friends, family und Gaudi. Die ersten Shirts waren echt nur zur Gaudi. Völliger Blödsinn eigentlich. Dann haben wir gesagt, ok, lasst uns ein richtig gutes Design machen. Ich hatte gleich Bock. Da war ich noch in der Uni und eh ein bisschen unterfordert. Da wurde Pfizi zu einem coolen Projekt. Meine Freunde waren auch überzeugt davon. Und dann kannte der den und den. Das war so eine Kettenreaktion.

Danke fürs Interview. Machen wir noch ein Selfie?
Nackt in der Badewanne!

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Zur Webseite von Pfizipfei

Zum Instagram von Günter Götzer

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