Biomodd Workshop – Globale 2015

Grüne Zierpflanzen, Computer, Sciene-Fiction: Wer meinen Instagram-Account kennt, der kann leicht darauf schließen, dass ein Workshop, in dem lebendige Ökosysteme in Symbiose mit Computer gebaut werden, genau mein Fall ist.

Den Biomodd-Workshop im Rahmen der Globalen im Zentrum für Kunst und Medientechnologie hätte ich aber verpasst, wäre ich nicht zufällig zur gleichen Zeit, wie Biologe und Künstler Angelo Vermeulen im Fablab Karlsruhe gewesen – einem Verein mit offener Werkstatt, in der mit modernen Produktionstechniken wie 3D-Druckern, Lasercuttern und CNC-Fräsen gearbeitet werden kann. Während ich aus Holz eine Schnittvorlage für das Loch in meiner weißen Fahne für meine Arbeit „Capitalism is the new Parliamentarism“ lasern lasse, komme ich mit dem gebürtigen Belgier ins Gespräch und er erzählt mir ein wenig von seiner Arbeit und gibt mir einen Flyer.

BIOMODD [ATH1]

BIOMODD [ATH1], biomodd.net

Biomodd ist eines seiner zahlreichen Kunstprojekte, denen er Namen wie Observatorium [LVN1], Blue Shift [LOG. 1] oder Seeker gibt. Sie vermitteln als soziale Skulpturen im Sinne von Beuys transdisziplinär zwischen Kunst, Wissenschaft und Gemeinwesen. Mit seiner Arbeit will Angelo dazu anregen über die Zukunft der Verschränkung von Biologie, Technologie und Gesellschaft nachzudenken und diese aktiv zu gestalten. Der Workshop im ZKM war Auftakt und Vorbereitung für ein Biomodd, dass während der Ausstellung Exo-Evolution im November im ZKM entstehen wird.

Grundlage für ein Biomodd sind alte Computer, die wir in ihre Einzelteile zerlegen und neu zusammensetzen. Bis auf meinen eigenen Mac habe ich tatsächlich noch keinen Computer aufgeschraubt und so ganz verstanden habe ich das Innenleben noch nie.

Zerlegte Rechner Foto: Carolin Clausnitzer

Zerlegte Rechner Foto: Carolin Clausnitzer

Als die ganzen Kabel, Grafikkarten und Platinen ausgebreitet auf dem Tisch liegen, wird mir bewusst, wie selbstverständlich ich während eines gewöhnlichen Arbeitstages hinnehme, dass ich mit einem sehr komplexen System zusammenarbeite – das sich Menschen über Jahre hinweg ausgedacht und mehr und mehr spezialisiert haben. In der Schule habe ich von menschlichen und tierischen Körpern die Anatomie gelernt, auch einen Fisch seziert, aber einen Computer geöffnet und dessen Teile für eine Prüfung gelernt? Das stand zu meiner Schulzeit nicht auf dem bayerischen Lehrplan. Schade eigentlich.



Bis auf Yutie Lee – die bis zu ihrem Diplom im Frühjahr Meisterschülerin der Klasse Olaf Nicolai an der AdbK München war – kenne ich von den Workshop-Teilnehmern noch niemanden, aber es ist eine bunte Gruppe unter anderem bestehend aus Medienkünstler, Physiker und Programmierer. Angelo baut uns ein White Board auf, aber nach zwei Skizzen ist klar: Diese Gruppe funktioniert intuitiv. Es wird nicht groß gezeichnet, geplant oder diskutiert sondern kurz untereinander abgesprochen, welche Balken zuerst verbaut werden könnten und dann: Hands on. Drei bis vier Leute arbeiten am Grundgerüst und die anderen bauen kleinere Module. Angelo packt hier und dort an, kommentiert, gibt Rat, aber vor allem Freiraum.

Arbeiten am Grundgerüst für den Prototyp des Biomodd im ZKM

Grundgerüst für den Prototyp des Biomodd im ZKM

Es fühlt sich anfangs ein wenig absurd an, an etwas zu arbeiten, von dem ich noch nicht weiß, wie es letztendlich aussehen wird, aber die Skepsis geht in Faszination über. Es funktioniert eben noch immer, wie früher als Kind mit Freunden stundenlang Welten aus der Fantasie aufzubauen und das mit vollem Ernst. In unserer postdigitalen Gesellschaft wird es uns zu einfach gemacht ganz unbemerkt von einem kreativen Zustand in Konsum abzuschweifen. Genauso wie ich jeden Tag nicht darüber nachdenke, wie ein Computer funktioniert, mache ich mir viel zu selten bewusst, dass ich viel mehr Stunden außerhalb der sozialen Medien und im Internet verbringen sollte oder zumindest einen Weg finden müsste, mich nicht so leicht ablenken zu lassen. Dahingehend habe ich auch Pflanzen bisher gerne vernachlässigt, aber eine grüne Langhalmige wird meine Freundin, ich streiche ihr durch die Grasfrisur, wenn auch nur kurz, weil sie ja ihre Aufgabe im „Gewächshaus“ erfüllen wird.

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Das Biomodd im November soll mit dem Betrachter kommunizieren können, daher experimentieren wir mit Tontechnik, die wir ebenfalls selbst bauen.

Olf lötet Mini-Klinken an eine Spule, neben ihm Angelo

Olf lötet Mini-Klinken an eine Spule, neben ihm Angelo

Nach zwei Tagen steht ein Prototyp und ich freue mich schon auf November und das finale Resultat.

Von links nach rechts: Olf, Yutie, Roland, Angelo, Jonathan, Helena, Caro, Helena und Veronika - mit dabei aber nicht auf dem Bild: Ansgar und Maxie

Von links nach rechts: Olf, Yutie, Roland, Angelo, Jonathan, Morgan, Caro, Heléna und Veronika – mit dabei aber nicht auf dem Bild: Maxie, Helena, Ansgar

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