Drei Wochen nichts geschossen von Alex Wagner und Samuel Langer

Immer muss es einfach sein, leicht verdaulich, unmissverständlich. Zumindest in einer Konsumgesellschaft. Bitte höchstens zwei Sätze auf das Plakat, mehr erfasst der vorbeigehende Mensch ja nicht. Bitte Käse drauf, wo Käse drin ist. Leichter als leicht, logisch und bitte mit weniger Menschenverstand als nötig – der Mainstream hat kein eigenes Gehirn, der braucht es vorgedacht.

Aber wollen wir das wirklich – diese künstlich zur Verblödung verabreichten Scheuklappen? Hallo Facebook? Gib uns ein möglichst enges Raster, schreib uns vor was uns heute interessiert – wieviele unserer Nachrichten haben wir wirklich selbst kuratiert und wieviele würden wir gerne sehen, sehen sie aber nicht?

Wie auch immer. Es geht auch anders, das zeigt das noch bis zum 22. August 2012 laufende Ausstellungsprojekt „Drei Wochen nichts geschossen“ im Ponyhof Artclub in der Pestalozzistr.14 in München mit der aktuellen Ausstellung bis Donnerstag, den 16.08.2012: Der 8. Tag und keine Ruhe

Alex Wagner (Klasse Merz, Adbk München, links auf dem Bild) hat von Galeristen und Besitzer des Ponyhof Artclubs Benjamin Eck für eben drei Wochen die Räumlichkeiten des Ponyhof Artclubs zur Verfügung, mit der Bedingung, dort drei verschiedene Ausstellungen stattfinden zu lassen. „Ich habe von Benjamin eigentlich von einem Tag auf den anderen den Schlüssel in die Hand bekommen. Erst hat es mich ein wenig überfahren – aber ganz ehrlich – solche Räume, wie die des Artclubs angeboten bekommen, dass ist eine Chance, die muss man einfach wahrnehmen!“, erzählt Alex. Zusammen mit Samuel Langer, ebenfalls an der Akademie (rechts im Bild), haben beide an dem Konzept des Ausstellungsprojekts gearbeitet. Drei Wochen nichts geschossen – der Ausstellungstitel referenziert einen Ausspruch von Ludwig dem 16. während dem Sturm auf die Bastille: Dem einfachen und prägnanten „Rien“ (frz. Nichts), welches er in seinem Jagdtagebuch notiert. Das Volk tobt und den König sorgt seine Nicht-Beute. „Ich denke oft darüber nach, dass auf der Welt so viel passiert und ich eigentlich nichts mitbekomme, außer den minimalen Geschehnissen in meinem Wahrnehmungsfeld.“, erklärt Alex den Bezug zum französischen Sonnenkönig. Alex stellt neben neun weiteren Künstlern auch eigene Arbeiten vor. Unter anderem hat er über eine der Wände den Schriftzug „Questo è divertente“ gemalt – „Wie unterhaltsam“. Ein Ausspruch mit dem Mussolini Ezra Pounds Gedichte bemerkte. „Leider ist vieles nur unterhaltsam.“, stellt Alex fest.

Die gezeigten Arbeiten bei „Drei Wochen nichts geschossen“ sind nur begrenzt unterhaltsam – vorwiegend geben sie Rätsel auf, die sich auch beim längeren betrachten nicht lösen. Dort zu finden sind eine Zange, Zeichnungen, eine mit schwarzer Plastiktüte vermumte Anziehpuppe, Schwarze und doch bunte Quadrate, Holztafeln mit Pulsschlägen, QR-Codes und Fotografien. Auf den ersten Blick sofort verständlich und auch unterhaltsam scheint die Arbeit von Tobias Zettl: der Bearbeitungsapparat. Beschwerde oder Wunsch aufschreiben und in den Apparat geben. Fertig. Nur Moment! Obwohl es am Tag zu ständigen Beschwerden und Wünschen bei jedem von uns kommt – fast jeder der Gäste überlegt länger, bevor er anfängt auf einer Karteikarte zu vermerken was ihn stört oder was er gerne will.

Den was stört uns und was wollen wir wirklich? Das was uns die Zeitungen verskandalisieren oder die Werbeindustrie als begehrlich zeigt? Wann haben wir überhaupt noch Zeit, während all der Dauerunterhaltung uns darüber Gedanken zu machen?

Unbedingt sollte man dies aber tun – am Besten bei Drei Wochen nichts geschossen. Am Samstag, den 18.08.2012 ist ab 21 Uhr die letzte Vernissage. Die Ausstellung wird bis zum 22.08.2012 geöffnet sein.

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Facebook Fanpage zum Projekt „Drei Wochen nichts geschossen“
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Eindrücke von der Vernissage „Der 8. Tag und keine Ruhe“

gefundene Zange, Aida Bakhtiari

Bearbeitungsapparat XT 3000, Tobias Zettl

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