Matthias Stadler: „TAM TAM ist Abbild meines Lebensstils.“

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Was für den einen ein Happening, ist für Matthias Stadler TAM TAM. TAM TAM steht für ein Gesamtkunstwerk, dass an möglichst immer wieder wechselnden Orten stattfindet. Künstlern aus allen Sparten und Generationen arbeiten an visuellen Raumerfahrungen, akustisch gibt es Musik von Live-Acts und DJs und auch der Geschmackssinn kommt nicht zu kurz, denn es gibt Vorort zubereitete Verköstigung. Matthias, gebürtiger Deggendorfer, promoviert dezeit in Kommunikationswissenschaften an der Universität Passau und hat, neben den TAMTAM Veranstaltungen – die bisher in Deggendorf, Regensburg, Passau und in München im Pathos, in der Roten Sonne und bei den Kultüren stattgefunden haben – auch schon Mal ein sehr sehenswertes Youtube-Interview mit Harald Schmidt gedreht. Wir haben Matthias Stadler beim letzen TAMTAM am 26.12.2012 in der Roten Sonne getroffen.

Ein Gespräch über Generationenaustausch und der Einsicht, dass man weder in der Kunst noch im Leben allem gerecht werden muss.

Matthias, wer ist TAM TAM und wie ist es entstanden?

TAM TAM ist auf der Suche nach einer Toilette entstanden. Als ich vor eineinhalb Jahren verzweifelt eine Toilette beim verkaterten Sonntagsspaziergang im Olympiapark suchte, stand ich plötzlich vor dem Schild „TAM TAM + Pfeil nach rechts“. Spontan folgte ich dem Schild und landete in einer Wirtschaft. Erleichtert beschloss ich das Schild abzufotografieren. In den darauffolgenden Tagen und Wochen ergab es sich dann, im Pathos ein TAM TAM zu veranstalten. Ich war damals gerade aus Südamerika zurückgekehrt, neu in München und fand Anschluss in der Schwabinger Künstlerszene. Ich arbeitete für verschiedene Künstler und dachte mir, warum nicht eine Plattform schaffen, auf der sie sich zusätzlich präsentieren können?

Du studierst Kommunikationswissenschaften, warum veranstaltest du die TAM TAM Happenings, ist das nicht ein komplett anderes Feld?

Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit psychologischen, soziologischen und philosophischen Fragestellungen und Theorien ist meiner Meinung nach die Grundvoraussetzung um „was mit Medien zu machen“. Nur wer sich mit der Wirkung von Inhalten und Medien beschäftigt hat, kann diese selbst erst verantwortungsvoll produzieren. Was ich im Studium gelernt habe, ist das konzeptionelle Denken. Damit ist man meiner Meinung nach für alle Bereiche gerüstet. Obwohl ich den Ausdruck „Happening“ nicht so gerne mag, habe ich dieses schon immer gerne gemacht. Ich bevorzuge den Namen TAM TAM.

Bei TAM TAM stellt, neben jungen Kunststudenten, auch ein 70 jähriger Künstler aus – nach welchen Kriterien kuratierst du für TAM TAM?

TAM TAM ist ein Abbild meines Lebensstils. Alltägliche Beobachtungen, Bekanntschaften und Fundstücke greife ich auf, binde ich ein und thematisiere sie bei TAM TAM. Dass ich auch oft Projekte mit älteren Künstlern mache, ist Ausdruck meines Bestrebens, mich für den Generationenaustausch und für ein unterschiedliches Publikum einzusetzen. Meiner Erfahrung nach, finden die Leute immer zusammen, die zusammen passen. Es ist daher nicht nötig, zu suchen, sondern viel wichtiger, seine Wege durch den Alltag zu nehmen. Kriterium in dem Sinne ist Spontaneität, die Lust am Ausleben, am TAM TAM machen.

Es gibt TAM TAM jetzt auch auf CD, um das zu feiern habt ihr auf die Release Party eingeladen – was gibt es dort zu hören? Warum gibt es eine CD?

Wir versuchen die verschiedenen Künstler, die bei TAM TAM mitgewirkt haben auf einem adäquaten Medium zu präsentieren. Nach dem tamtam.magazin hat wieder ein Nachwuchstalent die Möglichkeit bekommen, sich mit den Künstlern auseinanderzusetzen, ihre Werke zu präsentieren und seine subjektive Sicht auf TAM TAM zu zeigen. Wobei Richard Flikowski, der Gestalter des Magazins eher bildende Künstler vorgestellt hat, sind auf der von Caroline von Eichhorn gestalteten CD die Klang- und Performancekünstler und Musiker versammelt. Die Stilrichtungen von Schlager über Drum & Contrabass bis hin zu Newjazz werden bedient. Wir sind dabei der Frage nachgegangen, welche Assoziationen Künstlernamen, wie Okin Cznupolowsky, der Heizkörper oder i.e.org.i.e.n. auslösen und haben vor jedem der 16 Tracks Leute befragt, was sie sich unter dem jeweiligen Namen des Künstlers vorstellen. Der Hörer kann sich dann selbst überzeugen.

Kunst im Club oder zusammen mit einem Konzert kommt meistens zu kurz. Wie siehst du das?

Ich versuche immer aus den vorhandenen Strukturen was zu machen und auf Nachhaltigkeit zu setzen. Wenn ich mich mit Räumen, wie der Roten Sonne auseinandersetze, ist die Richtung schon stark vorgegeben. Trotzdem haben wir versucht, den Raum neu zu gestalten, die Wege umzuleiten und eine neue Raumerfahrung zu ermöglichen. TAM TAM als Gesamtkunstwerk betrachtet, möchte alle Kunstformen ansprechen. Jedem gerecht zu werden, ist nicht möglich und auch nicht die Zielsetzung. Um den verschiedenen Kunstformen gerecht zu werden, findet TAM TAM auch immer an unterschiedlichen Orten statt.

Was ist dein persönliches Ziel mit TAM TAM?

Mein Ziel mit TAM TAM ist es, diese Redewendung positiv zu prägen. TAM TAM hat laut Duden eine negative Konnotation. „Einer Nichtigkeit wird übertrieben viel Aufmerksamkeit geschenkt“. Ich möchte dagegen im Anschluß an ein Zitat von Camus in seinem Werk „Die Pest“ fragen: „Was tun, um seine Zeit nicht zu verlieren?“ Seine Antwort lautet: „Sie in ihrer ganzen Länge auskosten.“ Er schlägt dabei folgende Mittel vor: „Tagelang auf einem unbequemen Stuhl im Wartezimmer eines Zahnarztes sitzen, den Sonntagnachmittag auf seinen Balkon verbringen, Vorträge anhören in einer Sprache, die man nicht versteht; in der Eisenbahn die längsten und umständlichsten Strecken fahren, selbstverständlich stehend; am Vorverkaufsschalter eines Theaters Schlange stehen und keine Karte lösen usf. usf.“

Kochen im Club und rumänischer Schnaps als Begrüßungsstamperl – welche Überraschungen hältst du in Zukunft für Gäste des TAM TAMs bereit?

Kulinarische Schmankerl gelten bei TAM TAM als kulturelle Weiterbildung, als Wiederbelebung vergessener Praktiken, als kulinarische Entdeckungsreise. Obwohl der rumänische Obstler schon zum festen Bestandteil geworden ist, möchte ich auch in Zukunft wieder neue Delikatessen anbieten. Die Nachfrage nach der kirgisischen Stutenmilch ist groß. Auch bei den Performances gilt es eine neue Richtung einzuschlagen. Als beim Abend in der Roten Sonne plötzlich die Feuerwehr vor den Djs stand, war das für viele gar keine Überraschung mehr.

Du hast jetzt auch ein Büro mitten in Schwabing – was wird dort für nächstes Jahr geplant?

Weiterhin wird es einige TAM TAM-Publikationen geben. Verschiedene Projekte mit unseren TAM TAM-Models und den Videokünstlern sind geplant. Erfreulich wäre es, wenn ein Pin-Up-Kalender zustande kommen würde. Auch neue Zielgruppen sind in Aussicht. Eventuell werden wir von der Bundeswehr nach Afghanistan eingeladen. Dies wird gerade geprüft. Dabei bin ich aber zuversichtlich. In der Roten Sonne haben wir neue Standards bei den Sicherheitsvorkehrungen gesetzt. Jeder Gast wurde vor dem Eintritt abgescannt.

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Eindrücke des letzten TAM TAMs, der TAM TAM Sampler Release Party in der Roten Sonne, am 26.12.2012:

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Fotos: Natalie

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Für alle die beim TAM TAM Sampler Release nicht dabei waren, haben wir zwei der auf 120 limitiereten CD-Sampler mitgebracht. Macht doch bis zum 13.01.2013 ein bisschen TAM TAM bei den Kommentaren und liket dies Facebook-Seite der Selbstdarstellungssucht, vielleicht gehört eine davon und ein TAM TAM-Magazin dann euch!

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