FULL SIZE ORIGINAL ∞ LOADING von Gabi Blum und Susi Gelb

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Ist man zufälligerweise sowohl kunstaffin, als auch herpetophob, so stellen einen diese Charakterzüge bei einem Besuch der jüngsten Installation in den städtischen Kunstarkaden vor einen Interessenkonflikt: Gabi Blum und Susi Gelb, beide an der Akademie der Bildenden Künste ausgebildet und zu festen Instanzen der Münchner Kunstszene etabliert, lassen sich nämlich nicht nur als überlebensgroße Avatare Schlangen um den Hals winden, sondern wurden auch von den Reptilienfreunden Oberland und der Reptilienauffangstation München e.V. großzügig mit Exponaten unterstützt.

Als unerschöpfliche Inspirationsquelle nennen die beiden die am 5. Januar von der NASA veröffentlichte weltweit bislang größte Fotografie, welche die Andromeda-Galaxie in über 1,5 Milliarden Pixel abbildet. Die Ausstellung „full size original ∞ loading“ greift eindrucksvoll die Idee auf, dass während des Heranzoomens an jenes Foto permanent neue Schärfebereiche und Ebenen entstehen, die die Realität aus den Angeln zu heben versuchen.

Full-Size-Original-01Sowohl im von Susi Gelb geschaffenen Kosmos aus cleanem Labor und atmendem Biotop, als auch in Gabi Blums funktionslosem Wartezimmer wird dem Besucher das Gefühl suggeriert, Zeithorizonte und temporale Parameter würden verschwimmen. Unterstrichen wird diese Wandelbarkeit insbesondere vom virtuellen Spielfeld „Select your character!“, auf dem die Avatare der beiden Künstlerinnen in hoher Auflösung pausenlos neu geladen werden, und den Betrachter mit in den Schwellenmoment des Ladeprozesses nehmen.

Susi Gelb, Zögling von Professor Olaf Metzel sowie Professorin Magdalena Jetelova, knüpft in „full size original ∞ loading“ deutlich an ihren Spürsinn für atmosphärische Räume und die Transformation von Wertschöpfungen an. „Processes, materials, time regimes and systems are being strained to extremes and linger in a state of constant circulation“, schreibt sie über ihre konzeptionellen und neuerdings auch alchemistischen Arbeiten. Zu Deutsch: „Prozesse, Materialien, Zeitregime und Systeme werden bis zum Exzess strapaziert und befinden sich in einem Zustand der konstanten Zirkulation..“

Full-Size-Original-02Auch Gabi Blum hat die Thematik der Räumlichkeit zu einem zentralen Element ihrer Werke gemacht. Als sie im vergangenen Jahr zu „Gabi’s Saloon Trilogie“ in die FOE 156 im Münchner Norden, unweit der Sammlung Goetz, einlud, beschrieb sie den Ort der Süddeutschen Zeitung als „Experimentalraum mit viel frischer Luft drum herum“. Wer zur Installation nicht käme, sei ein Feigling, witzelte die ehemalige Meisterschülerin Professor Stephan Hubers damals. Auch in den Kunstarkaden möchte sie die Nerven des Besuchers zumindest ein kleines bisschen strapazieren: ihr „waiting room“ ist eine bloße Verheißung ohne konkrete Darlegung, worauf denn gewartet werden soll. Stattdessen setzt sie die Achsen des kartesischen Koordinatensystems einem divergenten Kräfteverhältnis aus und krümmt sie.

Die Dynamik des Ausstellungskonzepts passt gut zu den Kriterien des Kulturreferats der Landeshauptstadt, die die Location in der Sparkassenstraße als Plattform für zeitgenössische interkulturelle Kunst und Forum für interaktive Experimente ausschreiben.

Bis zur Finissage und Buchpräsentation am 29. Mai 2015 hat man die Möglichkeit, die stets wandelnde Inszenierung zu betrachten und sich die Frage zu stellen, ob Susi Gelb und Gabi Blum dem Anspruch an sich selbst gerecht werden, Zeit zu modifizieren und Gravitation außer Kraft zu setzen.

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Webseite von Gabi Blum
Webseite von Susi Gelb

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Eindrücke von der Vernissage:

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Fotos: Caroline von Eichhorn

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