#24 Joseph Wolfgang Ohlert

Selfie – ein so neues und doch nahezu abgenutztes Wort. Aus dem zeitgenössischen Wortschatz und Lebensalltag ist es nicht mehr wegzudenken. Aber die immer gleiche Pose? Wir bitten jeweils Künstler um ein Selbstporträt und ihre Gedanken, die ihnen beim machen durch den Kopf gehen.

Joseph_Wolfgang_Ohlert_Blumen-Selfie„Selfies machen, ist für mich eine Art von Tagebuch schreiben.“

Mit einem Strauß Blumen aus dem Bioladen in seiner Straße posiert Joseph Wolfgang Ohlert, 24, auf seinem Selfie. Als er Licht sieht, zückt er sein Handy und hält den Moment im Hausflur neben dem Fahrstuhl fest. Angefangen zu fotografieren hat er mit Einwegkameras. Überzeugt davon, Bildende Kunst studieren zu wollen, bewarb er sich an Hochschulen. An der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin wurde er angenommen, machte seine Ausbildung in der Klasse Ludwig Rauch. Dort hat er gelernt, eine Sprache für seine Bilder zu entwickeln.

Am liebsten arbeitet Josef mit Schauspielern, Musikern und Künstlern zusammen – eben mit Leuten, die etwas Interessantes machen. Seine Bilder sind ehrlich und erotisch aufgeladen. Als sexuell sieht er sie selbst allerdings nicht an. Regelmäßig bebildert er die Ausgaben der unabhängigen Mode und Street Style Magazine „Material Girl„/ „Indie“ mit Aufnahmen der Sängerinnen Soko oder Marina and the Diamonds. Joseph ist aber auch für Publikationen wie das Interview Magazine, Zeit Online, Siegessäule, Monopol, Vice America oder Intro tätig.

Joseph, ursprünglich vom Chiemsee, erkennt man an seinem Ohrring und lackierten Fingernägeln. Dass er die Jugend darstellt, liegt an seinem Umfeld. Von ihm gibt es zahlreiche Mode- und auch einige Beauty-Shootings, doch davon distanziert er sich langsam. „Je älter ich werde, um so mehr interessieren mich auch Motive, die nicht unbedingt nur jung und schön sind, sondern die mehr zu erzählen haben.“ Ab Oktober beginnt Josef ein Studium an der Universität der Künste, in dem er die Kombination mit verschiedenen Medien, gerade auch Film, ausbauen möchte.

Der Fotograf ist durch sein Umfeld in der LGBTQ-Szene geprägt. „Geschlecht ist keine endgültige Sache, sie kann sich biologisch wie sexuell ändern und ist nicht abhängig vom Körper.“ In seinem demnächst erscheinenden Buch „Gender As A Spectrum“ stellt er deshalb Leute durch Portraits und Interviews vor, die ihren eigenen Weg gegangen sind, ihre sexuelle und geschlechtliche Identität zu finden oder auch noch immer suchen, unabhängig vom Körper, mit dem sie geboren sind. Ihn interessieren Menschen, die mit Geschlechterrollen spielen oder sich gänzlich frei von Labels machen. Darunter sind Transfrauen und -Männer, Dragqueens und -Kings wie die Entertainerin Amanda Lepore.

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