Helfen ist federleicht | Welcomefeder

Dass es nichts Gutes gibt, außer wenn man es tut, ist nicht erst hinreichend bekannt, seit Erich Kästner in allerlei Poesiealben zitiert wurde. Derzeit wird in der Flüchtlingshilfe nicht nur viel tatkräftige Hilfe geleistet, es tauchen auch metaphorische Zeichen der Unterstützung und Gastfreundschaft auf. Eines davon ist die Welcomefeder, entwickelt von einer Handvoll Münchner Freunden, die sich nun nach Ungarn aufmachen, um vor Ort zu helfen.

feder_einzeln_großNicht zuletzt der überwältigende Aktionismus, den München diese Woche in Form von einer so unglaublichen Menge an Spenden und hilfsbereiten Freiwilligen am Hauptbahnhof erfuhr, dass die Polizei sogar einen Spendenstop ausrufen musste, zeigte deutlich: eine bemerkenswerte Menge Menschen setzen großzügig Zeit und Geld ein, Geflüchtete in unserem Land willkommen zu heißen. Ungeachtet von rassistischer Hetze und infamen politischen Äußerungen überwiegt die Hoffnung spendende, kollektive Solidarität mit Menschen, die aus ihren Heimatländern in eine oft lebensbedrohliche Flucht getrieben wurden.

Immer wieder erscheinen allerorts Zeichen des Mitgefühls und der Gastfreundschaft – wie etwa der gesprayte arabische Schriftzug „Ahlan wa sahlan“ auf einem Dresdner Zug. Der Sprayer blieb bislang unerkannt.

Es besteht besondere Sensibilität

Die Urheber der „Welcomefeder“ hingegen haben sich mittlerweile mit einer Vielzahl an Projekten einen Namen gemacht. „Wir haben gedacht, dass es möglich sein muss, ein kleines Zeichen zu setzen. Und zwar ohne Bürokratie, ohne Politik und ohne Organisationen. Also: Was können wir als einfache Leute dafür tun, um Aufmerksamkeit für dieses Thema zu schaffen?“, erzählte Initiator Khudor dem BR jüngst im Interview. Obschon er selbst bereits vor drei Dekaden aus dem Libanon nach Deutschland kam, besteht nach wie vor besondere Sensibilität für die Auseinandersetzung mit der Flüchtlingsthematik.

Sowohl er selbst, als auch seine Frau Tina, deren Schwester Katja sowie Andi und Iris sind seit Jahren in der Münchner Gastronomieszene hervorragend vernetzt – angefangen von der ehemaligen Rakete in Haidhausen bis hin zu den beiden libanesischen Lokalen Manouche und Beirutbeirut im Schlachthofviertel, die mitunter syrische Flüchtlinge zum Küchenteam zählen. Es lag insofern nahe, dass auch der Ursprung der Feder ein kulinarischer war. Im Rahmen einer Kochaktion mit Geflüchteten aus dem Nahen Osten beschlossen die Freunde, von ihren grafischen Fähigkeiten Gebrauch zu machen.

So entstand das sowohl ästhetische als auch sozial-relevante Federsymbol, das bereits in seiner geschichtlichen Verwendung kulturell übergreifend stets für Frieden stand.  Historisch betrachtet wurde ebenso der Schreibfeder über Jahrhunderte hinweg von Dichtern und Denkern mehr Wirkungskraft als Waffen zugeschrieben.

Zunächst verteilten Khudor & Co. die Welcomefeder in Form vonLibanon in seinen Restaurants; alsbald stellten sie die Feder, geziert mit den Schlagwörtern „Humanity & Respect“, für soziale Projekte zur Verfügung. Daraus resultierten rasch spannende Kollaborationen wie etwa mit BreakOut, dem Kreisjugendring, Superpaper oder der Designschule München, die kürzlich ein Kommunikationspaket für die Arbeit der heilpädagogisch-psychotherapeutischen Kinder- und Jugendhilfe e.V. mit minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen gestaltete.

Laut Grafikdesignerin Katja sind weitere Projekte, etwa mit Verlagen bis hin zu Modedesignern, aktuell in der Planungsphase. Sprichwörtlich ins Rollen kommt die Welcomefeder in der nächsten Woche in Form eines Sprinters, mit dem die Freunde nach Ungarn fahren und dortige Flüchtlinge mit Lebensmitteln und Sachspenden versorgen werden.

Wer sich von der unkommerziellen, energischen Euphorie anstecken lassen möchte, dem sei ans Herz gelegt, sich die hierfür gestartete Crowdfunding-Kampagne näher anzusehen. Zudem können ab sofort Kinderschuhe, Hygieneartikel sowie Aspirin und Paracetamol im Manouche (Valleystraße 19, U-Bahn Implerstraße) abgegeben werden.

„Unser Zeichen, das ist ein kleiner Anfang“, schreibt Andi im Manifest der Welcomefeder. „Und diesem wohnt nicht unbedingt ein Zauber inne – aber eine nicht zu bestreitende Notwendigkeit.“

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