München zu Gesicht bekommen – Eine Installation im Bean Store

BeanStore_037_8992Charmanterweise wird München häufig als nördlichste Stadt Italiens bezeichnet, ob des Klimas, gastronomischen Aufgebots und generellem La Dolce Vita-esken Flair. Andererseits monieren Bewohner nicht selten, München sei letztlich nur ein großes Dorf, in dem man eh immerzu dieselben Fressen sieht, kaum dass ein Fuß vor die Tür gesetzt wird.

Nicht nur die Visagen, die man eben vom Sehen her so kennt, sondern vor allem die, durch den im letzten Jahr rasant gestiegenen Zustrom, fremden Gesichter, prägen München ungemein und lassen unser Stadtbild zu einem dynamischen Konglomerat der unterschiedlichsten Individuen werden. Gestalt verleiht dem urbanen Raum zudem das gewerbliche Angebot in all seiner Fülle – dem aufmerksamen Passanten tut sich in München ein breiter Fächer von schmucken Cafés, hippen Pop Ups, kuriosen Lokalen und alteingesessenen Boutiquen auf, der maßgeblich dazu beiträgt, dass die Stadt gemeinhin als eine der weltschönsten und lebenswertesten gehandelt wird.

13020595_10154092648371115_905964358_nLaura Bohnenberger hat mit dem Bean Store eine Insel der Lieblingsteile geschaffen, die ihre Kunden mit handverlesenen Einzelstücken versorgt. Dabei ist der lebenslustigen Besitzerin nicht nur höchste Qualität und vielseitiges Sortiment die goldene Regel, sondern insbesondere das individuelle Einkaufserlebnis. Zwischen haptisch wie optisch exklusiv kombinierten Kollektionen sitzend, erklärt sie, dass „es nicht darum geht, cool zu sein, sondern das Konsumverhalten zu erneuern“. Wertebewusster, zeitloser und personalisierter – im preislichen Windschatten renommierter Marken wie Maison Kitsuné, Levis oder Schiesser erhalten so auch junge Labels und lokale Designer eine Verkaufsfläche.

Ihr kunsthistorischer sowie journalistischer Hintergrund mit speziellem Fokus auf die Verknüpfung von Mode und Kunst, den Laura unter dem Titel „Kunststoff“ zu ihrer Magisterarbeit und dem Lehrinhalt ihrer Klasse an der AMD werden ließ, begünstigt seit jeher eine fundierte Auseinandersetzung mit Markenbewusstsein.BeanStore_002_8914

Es überrascht also wenig, dass der Bean Store zusätzlich als Kulturstätte funktioniert, an der Mode, bildende Kunst, Fotografie und Literatur aufeinandertreffen, um sich gegenseitig zu befruchten. Dies betrifft nicht nur Interior Design und Events, sondern auch Projekte, die sich nicht weniger vornehmen, als das Straßenbild gründlich zu verändern. Langfristig ist sie etwa mit den Stadtwerken in Kontakt, um gemeinsam mit diversen Kunsthochschulen die Außenfläche des gegenüberliegenden SWM-Gebäudes zu gestalten.

Auch die Metapher des stadtbildprägenden Gesichts greift sie auf, und lädt am Freitag, den 15. April zur Ausstellung WE.AM ein, die sie gemeinsam mit Wolf Arvid Gaertner konzipierte. Der Fotograf, den Laura Bohnenberger als Wortakrobaten bezeichnet und schon seit vielen Jahren kennt, studierte zunächst Psychologie im neuseeländischen Wellington, bevor er nach Deutschland zurückkehrte und etwa für Vice, Red Bull oder die Berlinale sein fotografisches Unwesen trieb und sich über die Jahre insbesondere auf Portraitfotografie spezialisierte. Sein empfindsames Gespür für Menschen und deren Emotionen gepaart mit seiner Umtriebigkeit in München sind demnach eine hervorragende Fusion, wenn es darum geht, den unterschiedlichen Gesichtern der Stadt ein sprichwörtliches Gesicht zu geben.

IMG_0043Hierzu hat er nicht nur die Lokalprominenz à la Amelie Kahl, Tim Yilmaz, Kerstin Weng, Robinson Kuhlmann oder Amedée Till abgelichtet, sondern vornehmlich auch Geflüchtete, die in ihrer Identität mit der Menge verschmelzen. Das Fotoprojekt soll sich demnach auch keine sozialpädagogischen Ziele auf die Fahne schreiben, noch politisch wachrütteln, sondern hauptsächlich subtil-integrativ die Vielfalt der Münchner zeigen.

Das Schaufenster des Ladens fungiert als Ausstellungsfläche und spielt mit den Blicken der vorbeiziehenden Fußgänger: wo sonst Ware ausliegt und der Verkaufsraum betrachtet werden kann, blicken einen von innen über 100 Augenpaare an, die als Wand ans Fenster angebracht werden. Die Richtung des Blickkontakts ändert sich demnach; er soll, laut Laura, insbesondere auch mit dem Straßenbild spielen, und unterstreicht so auch ihre Prämisse, den Bean Store zu einem warmen Ort mit Herz und Seele zu machen.

Just in diesem Moment möchte eine junge Kundin ihre Steve Mono-Tasche bezahlen und wird herzlichst verabschiedet: „Meine Liebe, mit der wirste glücklich sein, versprochen!“

Case closed.

Vernissage WE.AM Freitag, 15. April 2016 ab 17 Uhr

Bean Store, Theresienstraße 25, 80333 München

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