TEMP AFFAIRS 2015

LFE-0589Wer die letzten Monate die visuellen Auswüchse deutschsprachiger Nachwuchsrapper mitverfolgt hat, dem dürfte das Live From Earth-Logo nicht entgangen sein. Ziert es doch Videos von unter anderen LGoony und MC Bomber. Mittlerweile hat sich das in Berlin ansässige Kollektiv auch als Musiklabel aufgestellt und sich Verstärkung aus Österreich in Form von Beatbastler Lex Lugner und Rapper Yung Hurn herangeholt. Neben dessen aktuellem Mixtape „22“ präsentierten sie auch LGoonys viel gelobtes „Grape Tape“, sodass sich der LFE-Katalog schon jetzt sehen lassen kann. Erst seit letztem Jahr bestehend ist das Label also auf dem besten Weg sich als hiesige Instanz für zeitgemäßen Hip-Hop zu etablieren. Abseits davon veranstaltet beziehungsweise präsentiert LFE auch gerne Events in Berlin, zuletzt im Mensch Meier im Osten der Hauptstadt, wo man unter dem Titel „Temp Affairs“ die Fusion von Mini-Festival und Clubnacht wagte.

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Eine „Grossraumdisko 2k15“ hatte man im Netz angekündigt und sich dafür neben diversen lokalen Acts auch internationale Unterstützung wie Yung Leans Sad Boy Kumpel Yung Sherman und das Amsterdamer Kollektiv SMIB herangeholt um auf drei Floors den Schulterschluss zwischen Cloud, Trap und Techno zu üben. Gäste wurden unabhängig von Listenplatz oder bereits gekauftem Ticket in einer Schlange versammelt, um dann nur eher sporadisch hinein gelassen zu werden. Diese Strategie wäre ohne verfrühten Wintereinbruch sicherlich angenehmer gewesen. In Anbetracht dessen war die Stimmung der Wartenden, die sich mit deutschem Swag Rap via Handylautsprecher und Money Boyschem Twitter-Humor bei Laune hielten, aber doch recht gut.

Ein Mal hineingeschafft, bewies LGoony, dass er dank der massiven Beats seines neuen Mixtapes die noch überschaubare Crowd schnell hinter sich brachte. Die hatte auch der nachfolgende LFE-Rapper Yung Hurn von Beginn an für sich gewonnen, auch wenn er neben seiner großen Entourage etwas verloren auf der Bühne wirkte. Doch die stark gewachsene Menge erwies sich als textsicher. Hurn bewies, dass sich seine bisherigen virtuellen Erfolge auch in den Club übersetzen lassen, ohne dass er mit besonderer körperlicher Präsenz oder Energie brillieren muss. Besonders „Sk8erboi“ entpuppte sich dabei als heimlicher Hit des Abends.

Parallel dazu spielten Oklou und Little Cloud nebenan vor einem sehr überschaubaren, fast ausschließlich sitzenden Publikum und hatten mit Soundproblemen wie dem Bass vom gegenüberliegenden Floor und Rückkopplungen zu kämpfen, sodass sich sowohl Oklous zerbrechliche Melodien als auch Little Clouds experimentelle Klänge im Raum verloren. Abgelöst wurden die Damen dann vom Headliner der Temp Affairs, Yung Sherman. Wer ein vernebeltes Beatset erwartet hatte, das sich an seinen Produktionen für Yung Lean orientierte, wurde eines Besseren belehrt. Stattdessen wurde seine Track-Auswahl von zeitgemäßer, basslastiger Electronic von Techno über Trap bis Jersey Club bestimmt und entwickelte sich zum schweißtreibenden Highlight des Abends.

Basslastige Clubmusik blieb dann auch der gemeinsame Nenner für die nachfolgenden Ostblokkk und Linnea, während auf dem großen Floor SMIB sowie Nxxxxxs und DJ El G die Abteilung Trap bedienten. Wer es klassischer mochte und mit besserer Ausdauer ausgestattet war, konnte dann noch bis zum Mittag dem traditionellen rohen Berliner Techno frönen. Aus musikalischer Sicht definitiv gelungen, gelang es den Temp Affairs leider nicht den vorab verkündeten Avantgarde-Anspruch einzuhalten, dafür geriet das Event doch zu konventionell und es darf in Frage gestellt werden, ob man das richtige Venue ausgesucht hatte. Da es aber wohl nicht bei diesem einmaligen Versuch bleiben dürfte, kann man wohl durchaus gespannt sein, was Life From Earth in Zukunft in dieser Hinsicht präsentieren wird. Ansonsten bleiben ja immer noch die Arbeitsfelder Video und Label.

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