Selfie – ein so neues und doch nahezu abgenutztes Wort. Aus dem zeitgenössischen Wortschatz und Lebensalltag ist es nicht mehr wegzudenken. Aber die immer gleiche Pose? Wir bitten jeweils Künstler um ein Selbstporträt und ihre Gedanken, die ihnen beim Fotografieren durch den Kopf gehen.
„Selfies sind für mich zu einer unbewussten Dokumentation meiner Person geworden. Mein körperlicher und künstlerischer Entwicklungsprozess, den man online verfolgen kann und den ich auch weiter teilen will.“
Seit mehr als acht Jahren fotografiert sich Sarah Eckardt, 23, selbst. Auf ihrer Facebook Fanpage zeigt sie jeweils nach Entstehungsjahren geordnet eine Chronik von Selbstporträts, die sich über die Zeit stark verändert haben und vor allem anfangs sehr genau nachvollziehen lassen, mit welcher Szene sie sich identifiziert hat. „Ich habe früher viel Bravo gelesen und mich gefragt, warum Prominente so eine starke Wirkung auf uns haben und wann Menschen anderen Menschen diese bestimmte Art von überhöhter Aufmerksamkeit zollen“, sagt Sarah. Also hat sie sich – nach Vorbild von Magazin-Bildstrecken – möglichst professionell auf Fotos selbst inszeniert. Erst per Kameraselbstauslöser, später mit Hilfe einer Fernbedienung.
„Als ich angefangen habe mich zu fotografieren, war das noch nicht so normal, wie es das jetzt nach dem ganzen Selfie-Hype ist“, sagt Sarah. „Aber mit mir selbst kann ich mich am Besten ausdrücken.“ Die Selbstporträts der letzten zwei Jahre haben eine träumerisch-melancholische Poesie entwickelt – Sarah lässt sich dafür viel von Literatur inspirieren, zum Beispiel von Nayyirah Waheed, Jon Krakauer, John Ruskin und Lord Byron.
Sarah ist gelernte Verwaltungsfachangestellte, holt aber im Moment ihr Abitur nach. „Mach was vernüftiges, hatte ich mir zuerst gedacht, aber jetzt glaube ich, es ist wichtig, das zu tun, wofür man sich berufen fühlt“, sagt sie und arbeitet derzeit unter anderem an einer Mappe für die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.