#41 Charlotte Schreiber

Selfie – ein so neues und doch nahezu abgenutztes Wort. Aus dem zeitgenössischen Wortschatz und Lebensalltag ist es nicht mehr wegzudenken. Aber immer die gleiche Pose? Wir bitten jeweils Künstler um ein Selbstporträt und ihre Gedanken, die ihnen beim Fotografieren durch den Kopf gehen:

Charlotte Schreiber„Ich fühle mich äußerst wohl in der Position als Beobachter. Während ich tagein tagaus alles um mich herum beobachte, sind Selfies der Moment, in dem ich mich Selbst beobachte. Deshalb sind es meistens Spiegelselfies; der prüfende Blick auf das Gegenüber, nur eben mit einem weiteren beobachtenden Auge.“

Charlotte Schreibers Bilder sehen aus wie aus der Zeit gefallen. Ob sie von 2016 oder vielleicht schon zwanzig Jahre alt sind, fällt erst auf den zweiten Blick auf. Sie haben einen nostalgischen Charme, wie das Selfie, das sie uns aus Japan schickt – nur ihr Smartphone verrät, dass es aktuell sein muss. Die Aufnahme entstand während des zweistündigen Abstiegs des Bergs Takao-san. Die Zeit, in der sie auf den Gegenverkehr warten musste, nutzte sie für ein spontanes Foto.

Charlotte Schreiber, 29, begibt sich auf Reisen, um den Kopf visuell und persönlich freizubekommen. Sie ist eine aufmerksame Betrachterin. Wie spielt das Licht mit Körpern, mit Gesichtern, mit Straßen, mit Situationen – erst wenn alles perfekt ist, drückt sie ab. Die Freelancerin hat 2011 die FH Dortmund mit einem Diplom in Fotografie abgeschlossen. Nach Aufenthalten in New York und London, entschied sie sich für Hamburg als neuen Wohnsitz. Meist fotografiert Charlotte Menschen. Für sie gibt es nichts persönlicheres als Porträts. „Auf jemand Wildfremden zu treffen, in wenigen Augenblicken aufzufassen, wie dieser Mensch tickt, wie sein Querschnitt aussieht und ihn dann ins rechte Licht zu setzen“, ist eine Herausforderung, die sie immer wieder gern annimmt.

Mit ihren Bildern erzählt sie Geschichten, die sich in einer Zwischenebene abspielen. „Ich mag an meinem Beruf, dass ich Dinge sehen und erleben darf, an die andere nicht so leicht herankommen. Ich mag, dass ich auf Menschen treffe, die mir ganz unvoreingenommen ihre Geschichten erzählen und Vertrauen entgegen bringen.“ Charlottes Fotografien – Porträt, Fashion und Food – erschienen bisher unter anderen in Monopol, Zeit, Brandeins und Nido. Gerade plant sie ihre nächste Fotoausstellung „Lines“, die sich mit Körperlichkeit auseinandersetzt. „Ich kenne niemanden, der sich zufrieden über seinen Körper äußert“, sagt sie. Dabei sind es die Linien, Formen, Kurven und auch Dellen, die den Körper ausmachen und wunderschön sind, wenn man die Perspektive wechselt.

Dieses Künstlerselfie gibt es auch gedruckt in der aktuellen Super Paper.

 

 

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