#45 Heidi Specker

Selfie – ein so neues und doch nahezu abgenutztes Wort. Aus dem zeitgenössischen Wortschatz und Lebensalltag ist es nicht mehr wegzudenken. Aber immer die gleiche Pose? Wir bitten jeweils Künstler um ein Selbstporträt und ihre Gedanken, die ihnen beim Fotografieren durch den Kopf gehen. 

HeidiSpecker

„Mein Sternzeichen ist Zwilling, vielleicht bin ich deshalb auf Selfies nie allein. Deshalb schaut entweder der Mond zu oder die Sonne lacht mit.“

Heidi Speckers Anti-Selfie: Weder Rötungen noch Fältchen wurden retuschiert. Ihr Lächeln wirkt genauso steif wie das der faltigen Sonne auf dem Papier-Lampion hinter ihr. Das Anti-Seflie entspricht genauso wenig der Selfie-Kultur wie ihr ganzes Werk. Speckers Bilder verschönern nicht und stellen das Fotografierte nicht wohlwollend dar. Stattdessen zeigt die Fotografin ihr persönliches Verhältnis zur Umgebung, „indem ich abbilde, repräsentiere ich mein Verständnis von Kunst. Indem ich aktiv etwas unternehme und mich äußere, definiere ich mich selbst“, so die Künstlerin.

Heidi Specker studierte als Meisterschülerin an der Hochschule für Grafik und Buchdruck in Leipzig und zog 1992 nach Berlin, wo sie noch immer noch lebt und arbeitet. Sie fing in den 90ern an in der Hauptstadt Häuserwände und Fenster mit ihrer Digitalkamera zu fotografieren. Mittlerweile stehen Menschen im Mittelpunkt ihrer Bilder. Vom 11. März bis zum 11. Juli 2016 stellt sie in der Berlinischen Galerie eine Auswahl ihrer ersten Porträtreihe „In front of “ aus. Erst Architektur, dann Menschen – nach was sucht Heidi Specker in einem Motiv? „Es geht um das Gegenüber. Mich interessiert die Oberfläche und deren Struktur. Egal ob es ein Haus oder ein Mensch ist. Wichtig ist, was ich im Gegenüber wahrnehme und zeige.“ Aus den Bildern ergibt sich das Gesamtbild einer Generation, zu der auch Specker gehört. Jedes Zeichen des Alterns wird sichtbar: die kleinsten Falten, Härchen, Unebenheiten – alles was auf Selfies sonst versteckt werden würde.

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