Social-Media-Profile sind hungrig! Sie wollen gepflegt und aktualisiert werden, denn sonst hält Deine Online-Identität nicht mit der Echten mit. Doch wer bin ich im Netz und wer will ich sein? Ein politisches Streitthema sowie kreativer Impulsgeber. Mit der Kolumne „Profilneurose“ reflektieren wir unseren Umgang mit den sozialen Medien – rund um Profilierung, Datenpreisgabe und Trendwellen.
Ich entdecke das Fakeprofil von mir in Shanghai. Als ich mich mit Reisebekanntschaften auf Facebook befreunden möchte, tippe ich meinen Nachnamen falsch ein und gerate auf das Profil von „Caroline von Eichorn“ – mit meinen Fotos. Wie bitte?
Ein Profilfoto von mir. Eines, das vor zwei Jahren im Brüsseler EU-Parlament aufgenommen wurde. Es hat drei Likes und zwei Kommentare. Als Header ein Foto, das ich 2012 in der Moskauer U-Bahn machen ließ. Vier Likes und ein Kommentar „SWEET ANGEL“ von Mustafa Gurbuz aus Zypern. Dann sind da noch andere Bilder mit einem Kussmund eines fremden Mädchens. Ich bin laut meinem Profil aus Helsinki. Aha.
Der letzte Post an meiner Wall: Ich habe am 24. Oktober 2013 eine Trophäe erhalten. Und sonst so: Ich spiele gerne Guitar Flash. Am 10. Dezember 2013 habe ich eine Spieleplattform empfohlen. Am 3. Dezember war ich genervt. Zwei Personen haben das geliked. Schräg. Der schrägste Post von „Caroline von Eichorn“ stammt allerdings vom 2. August 2013, der schockt mich wirklich:
„I wish i can get copper ring of love *1 and divorce contract*1. because my couple is inactive anymore,and our intimacy is 0 for 2 month. make me very very sad T_T. IGN : VALDAN. Server : S42 Orc Leader Kratos“
Wer macht so etwas? Möchte mir jemand einen Streich spielen? Kann ein automatischer Hacker falsche Profile erstellen? Bin ich ganz zufällig Opfer von Menschen am anderen Ende der Welt oder vielleicht bei mir ums Eck geworden, die aus Spaß Bilder und Namen anderer Menschen in Profile kopieren? Wie viele Fakeprofile lauern noch im Netz?
Die Posts gehen bis zum Mai 2012 zurück. Viele Spieleempfehlungen, viel Trash.
Rekonstruktion meiner damaligen Lebensumstände: Im Mai 2012 war ich in London beim Studieren an der Goldsmiths Universität. Ich habe im Stadtteil Lewisham gewohnt, im Haus eines Italieners. Ich war auch in Kroatien im Urlaub. War es jemand, dem ich dort begegnet bin? Warst es vielleicht du, der den Beitrag gerade liest? Ach was. Wie dieses Profil entstanden ist, werde ich wohl nie aufklären.
Was ich allerdings herausfinden kann, ist, wie man es wieder löschen kann. Zuerst stoße ich auf ziemlich viele Foren-Einträge, in denen Leute schreiben, sie hätten alles getan, was sie konnten: Facebook würde die falschen Profile nie wieder löschen. Nie wieder. Kurz bange ich.
Dann gehe ich dennoch in den Facebook-Hilfebereich und lese mir durch, wie das gehen soll. Ich „melde Carolines Chronik“. Grund: „Es verwendet Namen und Fotos von mir oder einer anderen Person.“ Nach einer Viertelstunde ist das Profil gelöscht. Das ging schneller als ich dachte.
Ich bin beruhigt und freue mich, dass es der dunklen Macht nicht mehr gelingt, Falschinformationen über mich im Netz zu verbreiten. Gleichzeitig erschreckt es mich, wie schnell Facebook erkennt, was echt und was Schwindel ist. Wie sehr Facebook selbst darauf aus ist, nur reale Personen im Netzwerk zu versammeln und möglichst nur echte Daten zu generieren. Dass es meine Fotos sofort identifiziert, vielleicht via Gesichtserkennung? Darin ist Facebook echt spitze.