#20 Leonid Hrytsak

Selfie – ein so neues und doch nahezu abgenutztes Wort. Aus dem zeitgenössischen Wortschatz und Lebensalltag ist es nicht mehr wegzudenken. Aber die immer gleiche Pose? Wir bitten jeweils Künstler um ein Selbstporträt und ihre Gedanken, die ihnen beim machen durch den Kopf gehen.

Putin und Leonid als Jesse Blake„Im Moment des Auslösens waren Putin und ich (seine Geliebte Jessi Blake) das perfekte Paar. Jeder hat eine andere Rolle als gewöhnlich gespielt, aber ist dabei neutral geblieben.“

Leonid Hrytsak (29) und Wladimir Putin sind das erste Mal im Münchner Botanikum im Rahmen der Ausstellung „Sculpture as Performance“ zusammen aufgetreten. Dort haben die beiden viel Aufsehen erregt, wurden zum Publikumsliebling und von vielen Besuchern um Fotos gebeten, die sie zusammen mit Putin Wein trinkend zeigen. Bei der diesjährigen Jahresausstellung der Akademie der Bildenden Künste war Leonid im Raum der Künstlerin Kris Buckley eingeladen und hat dort für seine Performance mit Putin die Rolle der „Jessi Blake“ angenommen und Jessi und Putin als frisch verliebtes Paar inszeniert.

Leonid ist in der Ukraine geboren und hat an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert – zunächst bei Norbert Prangenberg Keramik und Bildhauerei. Bis zu seinem Diplom hat er nahezu alle Studienwerkstätte für unterschiedlichste Arbeiten genutzt. Das sieht man seinem Werkportfolio auch an: Es zeigt eine große Bandbreite an Medien und Techniken – in der er sich mit einer Leichtigkeit zwischen Zeichnung, Malerei, Bildhauerei, Bewegtbild und Performance bewegt. Viele seiner Skulpturen sind aus altem Spielzeug, Alltagsgegenständen und Sperrmüll zusammengesetzt, werden aber durch die Materialauswahl und Kombination von ihm mit neuem, oft humoristischem bis ironischem Wert aufgeladen.

Unter seiner bildhauerischen Arbeit findet sich auch eine fulminante Holz-Masken-Sammlung, die Leonid über die letzten Jahre angefertigt hat. Die Holzvorlagen sind bemalt, collagiert, mit Stoff oder anderem Material bezogen und stellen verschiedenste Charaktere dar – mal kindlich-naiv, aggressiv oder depressiv. Sie sind nachempfundene Gesellschaftsmasken – vielleicht auch von Leonid subjektiv erlebte Selbstspiegelungen von Menschen. Er beobachtet sie, porträtiert die Gesellschaft, aber öffnet dabei gerne eine Tür für neue Blickwinkel. Für seine Putinpuppe war ihm eines besonders wichtig: Wladimir Putin als flexible Figur darzustellen – das ist ihm dank Kugelgelenken gelungen.

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