Another Los Angeles art week

Von Andy Kassier

Mittwoch:

Ich vor der Villa

Ich im Garten der Villa

Die letzten und auch die nächsten Tage verbringe ich in der Villa Aurora, Lion und Martha Feuchtwangers Exil Residenz und jetzt ein Künstler Residenz Programm, gelegen in Pacific Palisades mit Blick auf das Meer.

Der heutige Abend startet entspannt mit einer Fahrt zum „MAK Center for Art and Architecture at the Schindler House“. Von der Villa aus fährt man eine Stunde nach West Hollywood, was sich mittlerweile irgendwie normal anfühlt für Los Angeles.

Wir – Alwin und ich – besuchen eine Ausstellung von Erwin Wurm: „One Minute Sculptures“. Es gibt Apfel Cider ohne Alkohol und das Schindler Haus ist wirklich ein spannender Ort. Die Skulpturen, die sich jeweils für ca. eine Minute bilden, waren sicherlich interessanter bevor jeder alles mit seinem Smartphone fotografiert hat und es dabei auch noch um die Fragestellung der Skulptur selbst ging und nicht nur um das Foto.

 

Ich als "One Minute Sculpture"

Ich als „One Minute Sculpture“

Die Frage, ob man den Betrachter einbezieht, ihn selbst etwas machen lässt, beschäftigt mich. Absehbarkeit gibt es selten in diesen Fällen. Passend hierzu natürlich auch Thomas Wachholz’ „strike gently“ Ausstellung in der Mier Gallery.

Nachdem wir unsere Zeit mir Erwin beendet haben fahren wir Cabrio. Ja es ist kalt, aber trotzdem unbezahlbar. Ich suche nach „cheap eats west hollywood“, wir landen bei In n Out Burger. Mir gefällt das Design, überall kleine rote Palmen, putzig, vielleicht ein bisschen zu aggressiv, aber ich mag es dennoch. Auch mag ich diese Ehrlichkeit aus dem das Essen besteht, wirklich sehr ehrlich. Mein Lob zu diesem Laden wird sicherlich ein wenig geringer ausfallen als das Lob all der Leute, die es mir dringend empfohlen hatten. Weiter geht’s im Cabrio über den Hollywood Boulevard. Ich sehe Sterne – auf dem Boden. Nach gefühlten 500 Metern, ist alles vorbei und wir drehen um und machen uns auf den weg Nachhause. Ohne Stau dauert es dann auch nur noch eine halbe Stunde.

 

Donnerstag:

Gegen 14 Uhr realisieren wir, dass die „First VIP Preview“ doch schon um 14 Uhr anfängt und fahren los zur ALAC ( Art Los Angeles Contemporary ), diese findet in einem Hangar vom Santa Monica Municipal Airport statt. Auch Harrison Ford hat sein Flugzeug hier, welches er letztes Jahr auf dem benachbarten Golfplatz gecrasht hat. Die Messe beginnt ruhig, es sind nur wenige Leute da und es gibt Freigetränke. Es ist sehr kitschig und generell ziemlich bunt und lustig gehalten, Arbeiten die mehr gut als witzig sind, gibt es für mich eigentlich nicht. Die Koje von „The Hole NYC“ sieht aus wie ein formgewordener Tumblr mit einem transparenten Photoshop Hintergrund.

The Hole NYC

The Hole NYC

Ich unterhalte mich mit Florian Weingrüll – der hat eine gleichnamiger Galerie in Karlsruhe betreibt – darüber, dass es als Galerist cool ist nicht an seinem Stand zu stehen und auf Leute zu warten, sondern lieber anders herum. Gegen 19 Uhr, als der Zenit der Messe ungefähr 5 mal überschritten ist, der Hangar nun für alle öffentlich zugänglich ist und das Bier wieder 8$ kostet, werden wir von einer Marschkapelle überrascht die durch die Kojen zieht.

Die Marschkapelle auf der ALAC

Die Marschkapelle auf der ALAC

Mein Highlight ist wohl, dass ich Amalia Ulman sehe und wir uns tief in die Augen schauen. Ich würde gerne mit ihr reden, doch diese Marschkapelle ist zwischen uns. Sie dreht sich um und läuft davon. Und auch wir ergreifen umgehend die Flucht.

In Venice holen wie Troy ab – er macht den Driveway 327 – ein Open Air Offraum könnte man sagen – und laufen dann zu Gjustas. Das Restaurant kann ich nur sehr empfehlen. Danach treffen wir bei Troy zuhause noch ein paar Freunde von ihm. Ich esse ein mit Schokolade überzogenes Cookie Sandwich Eis vom Kiosk um die Ecke.

Gegen 12 versuchen wir Marcel zu finden, der an einer Adresse steht, an der wir uns auch befinden sollten. Aber nach ca. 45 Minuten und 10 mal telefonieren realisieren wir, dass es Lincoln Blvd 1411 und die California Ave genau zwei Mal auf dem Lincoln Blvd gibt: Einmal in Venice und einmal in Santa Monica (ca. 4 km entfernt).

Wir starten fröhlich mit dem nächsten Bier in La Cabana, einem mexikanischem Restaurant, das bis 3 Uhr geöffnet hat – hier eher eine Seltenheit.

 

Freitag:

Santa Monica Beach

Santa Monica Beach

 

Der Tag beginnt langsam und ich fahre runter zum Strand. Theoretisch könnte man die Strecke auch zu Fuß bewältigen, doch jegliche Straßen hier sind nur für Autos gebaut. Die einzigen Leute die laufen sind Obdachlose und sehr oft gibt es einfach keine Fußwege oder Ampeln für Fussgänger. Gehen wird hier als Freizeitsport angesehen, nicht aber als Fortbewegungsmittel. Ich jogge also am Strand entlang bis zum Santa Monica Pier, eine Runde um das Riesenrad und wieder zurück. Den Rest des Tages verbringe ich mit Homeoffice und schaue mir den schönen Sonnenuntergang vom Balkon aus an.

Blick auf das Meer von der Villa Aurora

Blick auf das Meer von der Villa Aurora

Samstag:

 

Wir arbeiten erst ein bisschen und fahren gegen 14 Uhr los zur Paramount Ranch. Der Weg dorthin führt über Malibu durch die Berge. Als wir uns nähern wächst plötzlich ein riesiger Butt Plug zwischen den Bäumen hervor. Ja richtig, der Paul McCarthy „Tree“ aus Paris.

Wir sind in einer Western Stadt angekommen und ich fühle mich wie in einer Filmkulisse, berechtigter Weise. Die Ranch wurde in den 20ern gebaut und seither für Dreharbeiten genutzt, hier eine Liste der Filme.

Da dieses ganze Spektakel nur für zwei Tage stattfindet, gibt es keine VIP Preview oder Gästeliste. Der Eintritt ist 10$ und für Studenten kostenlos. Es fühlt sich an, als wäre man auf einem Open Air Festival. Alle Besucher sind jung oder hip oder beides. Dafür, dass es eine Messe sein soll ist es sehr merkwürdig. Die Galerien sind auf die Western Häuser verteilt, manche teilen sich auch ein Haus. Es ist quasi das Gegenteil von einer White Cube Situation.

Paramount Ranch III

Paramount Ranch III

Ich komme also an und suche quasi direkt nach etwas zu Essen, schaue aber noch kurz bei Johann König vorbei, er zeigt Annette Kelm,
 Camille Henrot und
 Michaela Meise. Dann entdecke ich die Food Trucks und stelle mich dort an, lerne ein paar Leute aus NY kennen und bestelle einen Burrito, und warte und warte. Nach dem Essen treffe ich Troy und Nina und noch ein paar andere Freunde. Auf Nachfragen stellt sich heraus, dass diese kleine Flasche, die herumgegeben wird und wie eine Parfümprobe aussieht mit liquid weed gefüllt ist und man sich das so zwischendurch unter die Zunge sprüht: sehr mentholig.

Jetzt habe ich endlich Zeit, um mir den Rest anzuschauen. Viele Galerien, die ich schon aus LA kenne sind natürlich auch da, wie z.B. Jenny’s und Freedman Fitzpatrick sowie auch weitere aus NY und Übersee.

Übersicht Paramount Ranch III

Übersicht Paramount Ranch III

Gegen 17 Uhr geht die Sonne unter. Ich verabschiede mich vom großen Butt Plug und wir machen uns auf den Weg zu den Eröffnungen. Von der Ranch aus sind es nur 50 km bis zu den zwei Eröffnungen an denen heute eigentlich alle hingehen. Nach ungefähr eineinhalb Stunden sind wir da: 365 MissionSeth Price – Work Family Friedns. Wir laufen ein paar Runden durch die großen Hallen, es gibt mehrere Sachen, die ich gut finde. Allerdings bin ich auch nicht so richtig überwältigt.

Danach fahren wir zu Fahrenheit, Laure Prouvost – A Way To Leak, Lick, Leek

Laure Prouvost - A Way To Leak, Lick, Leek

Laure Prouvost – A Way To Leak, Lick, Leek

Laure Prouvost - A Way To Leak, Lick, Leek

Laure Prouvost – A Way To Leak, Lick, Leek

Grandios. Hellblaues Acrylharz eimerweise ausgekippt über die komplette Bodenfläche, mit Eierschalen, Teilen von Smartphones, iPads, Pflanzen aus LA etc. und in der Mitte 2 Sitze und ein Beamer, der ein Video auf eine Leinwand projiziert. Mehr dazu hier.

Spontan meldet sich ein Freund und gibt uns eine Adresse in West Hollywood: Hausparty. Wir fahren rüber doch der Zenit ist schon ein bisschen überschritten. Neben dem Pool gibt es einen Tisch und immer wieder werden die Teller mit neuen Schnittchen gefüllt. Wir wissen nicht, was wir essen, weil es zu dunkel ist, um es zu erkennen, doch es ist sehr lecker. Wir schauen dem Staubsauger im Pool zu wie er seinen Bahnen zieht. Ich habe das Gefühl wirklich jeder hier hat darauf gehofft, dass nochmal jemand in den Pool springt, absichtlich oder unabsichtlich scheint egal zu sein. Aber hier ist es auch Winter und es ist dafür einfach zu kalt, obwohl der Pool natürlich beheizt ist.

Also fahren wir wieder rüber zur Mission Road. Die Paramount Range Afterparty wird mit „open bar“ angepriesen. Das heißt also alle Getränke frei, Eintritt wären 20$ doch irgendwie haben sie es nicht so richtig geschafft die Menschenmenge aufzuhalten, viele stürmen einfach an der Kasse vorbei, wir sind natürlich so nett und gehen wieder zurück um zu fragen, wie das denn eigentlich hier funktioniert: #deutschsein. Die Aufmerksamkeit der Leute an der Kasse schwindet und wir schleichen uns zur Musik. Ich entdecke eine Unmenge an Bierdosen in einem man könnte sagen kleinen Pool.

Mädchen im Bierpool

Mädchen im Bierpool

Just als ich dort ankomme legt sich ein leicht bekleidetes Mädchen auf die eisgekühlten Dosen. Nachdem ungefähr jeder sie 5 mal mit seinem iPhone angeblitzt hat, kommt ein Security Guard und bringt sie wieder auf die Beine. Ich frage sie, ob das jetzt eine Performance war, oder nur für Instagram. Sie erklärt mir, dass sie ein „instagram performance artist“ sei.

Die Party ist super. Ein paar Leute kommen zu mir und sagen mir, dass sie mich irgendwoher kennen. Das ist irgendwie verrückt, aber ja auch ein Teil meiner Arbeit. Weiter geht es auf dem Dancefloor. Lindsey, eine Freundin von uns, rastet wieder völlig aus und fängt an auf dem Tisch vor dem DJ Pult zu twerken. Man hat das Gefühl, dass sie den Boden eigentlich seit einer Stunde nicht mehr berührt hat.

Ich im Warehouse auf der Paramount Ranch III After Party

Ich im Warehouse auf der Paramount Ranch III After Party

Wieder sehe ich Amalia Ulman, sie tanzt neben mir, aber sagt kein Wort und schaut mich immer mit dem selben Ausdruck an: wie Kanye, wenn er gerade aufgehört hat zu lächeln und versucht super ernst zu wirken.

Gegen halb vier fahren wir nach Hause, im Autoradio läuft Highway to Hell, ganz passend.

 

Sonntag:

Relativ katerlos in den Tag gestartet! Noch ein paar Vorbereitungen für ein VIP ALAC Event in der Villa. Um 14 Uhr soll es losgehen. Es stürmt extrem draußen und Palmenblätter fallen uns auf den Kopf, es regnet so sehr, dass das Wasser die Innenseiten der Fenster runter läuft.

Champagner auf dem Balkon nach dem Sturm

Champagner auf dem Balkon nach dem Sturm

Der Regen stoppt und der Champagner geht auf, aber leider kommen nur sehr wenige Gäste, gegen 16 Uhr ist das Event vorbei und auch alle Flaschen leer. Wir entschließen uns bei Sonnenuntergang in Malibu Thai essen zu gehen. Sehr lecker und auch nur 20 Meter vom Strand entfernt.

Danach fahre ich noch mal nach Santa Monica, um mir einen Anzug zu kaufen. Es ist sehr nett, dass der Preis hier weniger eine Rolle spielt, als das was man dabei spart, wenn man es kauft. So habe ich bei meinen Anzügen über 800$ gespart! Das ist doch grandios, vielleicht sollte ich die gleich wieder ausgeben.

Ich in Ralph Lauren

Ich in Ralph Lauren

Ich versuche das Auto zu tanken doch erst beim dritten Versuch schaffe ich es, den Tankdeckel auf der Seite der Zapfsäule zu haben, man könnte meinen der Champagner steckt mir noch in den Knochen.

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