Veronikas Jahresrückblick 2015

Internetblue Phase Karlsruhe

Schlicht mit „2015.“ fangen die Mädls von amazed ihren Jahresrückblick an. Seit Jahren lese ich diese Beiträge sehr gerne, bin sogar ein richtiger Fan davon, habe aber trotz selbst Blogger zu sein, noch nie einen eigenen Jahresrückblick geschrieben. Jetzt sitze ich also hier, noch angeschlagen von meiner Weihnachtsgrippe an meinem Schreibtisch, den ich unbedingt aufräumen sollte, und tue es endlich.

Also. 2015 – das Karlsruhe-Stipendium-Jahr an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung. Wenn ich 2015 aus Sicht von Stipendien und Preisen sehe, war es wohl das beste Jahr überhaupt bisher. Aber so richtig, richtig das Beste? Sicher, ich habe es geliebt, mit meinem silbernen Fahrrad von meiner WG in der Rheinstraße, entlang den Altbauten, – im immer fünf Grad wärmeren Karlsruhe – zugewachsen mit Blauregen, zur HFG zu fahren. Oder gleich als Fahrrad-Gang zum See hinter der Messe unterwegs zu sein und dort trotz Lagerfeuer von den Mücken aufgefressen zu werden. Mich monatelange dem Medienkunst-Studium hingeben, ohne Ablenkung. In der Bibliothek sitzen, ohne den Zwang von Nebenjobs. Das literarische Schreiben wieder zu entdecken. Irgendwas hat mir zum Ende hin aber dann doch gefehlt, was mir bis sicherlich Oktober gar nicht in den Sinn kommen wollte: das Reisen. Dieses Jahr habe ich es tatsächlich nicht aus Deutschland herraus geschafft.

Ich habe also erkannt, dass die Jahre, mit ausgiebigen Reisen, mich besonders glücklich gemacht haben. Und zwar nicht die, mit den Reisen innerhalb Deutschlands, sondern schon unbedingt die, mti Reisen nach Südamerika. Denn dieser warmherzige Kontinent lässt mich zumindest für ein paar Wochen einiger vergessen: den europäischen Leistungsdruck, meine ständige Unzufriedenheit mit dem bisher Erreichten und dem Drang mich selbst übertreffen zu wollen. Dann spüre ich es: Einfach zu sein. Ohne Schreibtisch und Wlan. (Aber mein Macbook brauch ich halt schon.)

Außerdem habe ich erst gestern, mein dickstes Skizzenbuch wieder ausgegraben, welches ich nur zu gerne zu lasse. Natürlich habe ich im Prinzip durch mein Kommunikationsdesign-Studium eine ausgiebige Ausbildung zum Zeichnen genossen, aber im Rausch des Internets vergesse ich gerne, wie gut mir analoges Arbeiten tut. Darum werde ich mir nächste Woche, ein Plakat von meinem Jahresbekenntnis drucken und Rahmen, um dieses öfters als Warnung vor Augen zu haben:

Mich für ein Lieblings-Instagram-Bild zu entscheiden, fällt mir schwer, vielleicht, weil ich meistens nur ein Mal in der Woche Etwas hochlade und dann schon sehr lange abwäge, welches Foto aus den letzten Tagen, es jetzt schafft. Dieses Jahr haben es mir Fotos angereichert mit 3D Modellings angetan und ich habe ein paar #catstagrams gemacht. Ich schätze, ich mag die schwarze Kalashnicat ganz gerne:

Man möchte meinen – auch ich selbst – dass das schönste Blogerlebnis die Auszeichnung als Kreativpiloten 2015 von der Bundesregierung in Berlin für mich war, jedoch rückblickend konnte ich das überhaupt nicht so genießen, wie ich das gewollt hätte. Highlight war für mich unsere gemeinsamen Berlintage im Sommer, während der Artweek. Kunstwelt-Socializing mag ich dann eben doch am liebsten:

Mein liebstes Künstlerselfie auf dem Blog kann ich sofort benennen: Es war das von Leonid Hrytsak mit seiner Putin-Puppe. Hier nachzulesen.

Lied des Jahres ist für mich von Dom la Nena – Batuque. Für die Only Living Rooms Ausstellung in Karlsruhe bin ich für die Vorbereitungen meiner Arbeit „Amazonas Beach Club“ für 24 Stunden nach Zürich gefahren, um streng geheim mit einer meiner ältesten, besten Freundinnen Kunst zu machen und der Song lief auf Endlosschleife und wir zwei, intensiv eingeschlossen, kreativ. Dom la Nena macht genau das, was ich an Musik mag, leicht melancholisch, erdverbunden, erotisch, dunkel und tanzbar:

Mein Buch 2015 war wohl keine Neuerscheinung, sondern Milan Kundera und Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Warum auch immer, hatte ich dieses Buch noch nicht gelesen, aber ich habe es während meiner Residency in der Künstlerstadt Kalbe an einem Tag durch gehabt. Mir ist deswegen klar geworden, dass ich doch endlich etwas Längeres schreiben sollte. Das hat mir die Lesung in Kalbe und ebenfals die zahlreichen Lesungen in Karlsruhe, u.a. bei den Karlsruher Literaturtagen, wieder klar vor Augen geführt. Was die Planung für 2016 angeht, ist also klar, was da unter anderem passieren wird…

Dieses Jahr kann ich sogar sagen, dass ich ein Lieblingsoutfit hatte, und zwar die schwarze Bomberjacke mit kupferfarbenem Reißverschluss von Monki, zu einem transparenten, schwarzen Kleid von Religion. Am liebsten hätte ich dazu immer den Hölländischen Herder Nougat alias Hades dabei, aber den hatte ich nur für den 3-D-Dreh ausgeliehen.

Und nicht zu vergessen: mein meistgelesener Artikel auf der Sdsucht. Vollkommen überraschend ist es die Profilneurose über das Solidaritätsprofilbild geworden. Der Beitrag hat ganz schön polarisiert – ich betrachte ihn mit einem Schatten auf dem Herzen, weil das dazugehörige Ereignis in Paris uns alle durch die Bank aufgerüttelt hat. Denn so gut es uns geht – hier in Europa – die Augen können und sollen wir nicht mehr verschließen und umso mehr macht mich die Politik Deutschlands in Bezug auf Syrien wütend. (Aber das ist jetzt ein anderes Fass.)

Dieses Jahr war ich – zusammen mit meinem Freund – in einem Transitlager und letzte Woche bei einer Weihnachtsfeier im Fürstenfeldbrucker Fliegerhorst, zusammen mit mehr als 300 Flüchtlingen. Und ich habe gemerkt, dass ich lang nicht mehr so offenherzig auf Fremde zugehe, wie noch vor ein paar Jahren. Das hat mir zu denken gegeben. Viel zu schnell gewöhne ich mich – trotz nicht weniger Auslandsreisen – an meine Comfort Zone, an die wenigen Menschen, die ich schon lange kenne, an die Sprachen, die ich schon kann und es fällt mir schon wieder gar nicht mehr leicht, über meine erste Befangenheit zu springen, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll.

Dann habe ich gelesen, dass ab diesem Jahr gute Vorsätze nicht mehr salonfähig seien. Warum kann ich nachvollziehen, denn das, was man tun will, sollte man zeitnah dann tun, wenn es einem einfällt. Aber ich sehe die Tradition der guten Vorsätze mehr, als ein Sich-Besinnen und das kommt in unserer schnelllebigen, timeline-rauschenden Zeit sowieso zu kurz.

Also 2016: Auf dass die vielen Chancen, die du bringen wirst, über meinen eigenen Schatten zu springen, von mir erkannt werden! (Und wenn du ein Schreibstipendium verschenken magst: Ich wäre dann Mal soweit^^)

Was denkst Du?