#19 Jim Avignon

Selfie – ein so neues und doch nahezu abgenutztes Wort. Aus dem zeitgenössischen Wortschatz und Lebensalltag ist es nicht mehr wegzudenken. Aber die immer gleiche Pose? Wir bitten jeweils Künstler um ein Selbstporträt und ihre Gedanken, die ihnen beim machen durch den Kopf gehen:

selfie4„party for 1
 
i am closing all my profiles and i cancel my accounts
i say byebye to social life, i shut my mobile down
i lock the door from inside and i put the curtains on
i have a party with myself, with music films and books“

 

Erst traute er es sich kaum zu sagen. Für dieses Bild hat Jim Avignon den Selfiestick seiner Cousine aus Korea ausprobiert. In der einen Hand hält er einen Pappreifen mit aufgeklebten Masken, in der anderen den Stab. Tja, er macht wirklich gern, wie er sagt, den „Affen auf der Bühne“. Jim Avignon (*1968) ist Konzeptkünstler, Experimentalmusiker und bekannt als „der schnellste Maler der Welt“. Sein Signet: knallige Farben und Töne, contra Establishment und subversiver Witz. Immer wieder widersetzt er sich dem Kunstmarkt, der ihn wahnsinnig anödet. Daher erstellt er in Performances blitzschnell Bilder, die er anschließend für ein paar Euro verscherbelt. Während der documenta 1992 malte er 13 großformatige Illustrationen und zerstörte sie anschließen gemeinsam mit dem Publikum. So wie schon in den Neunzigern tummelt er sich heute noch in der Technoszene, die er als bizarrer Heimelektronikmusiker „Neoangin“ aufmischt. Ein Song handelt davon, wie Photoshop seine Art des Malens verändert hat. Und auch sonst beschäftigen ihn digitale Phänomene – etwa Facebook, das uns seiner Meinung nach Unabhängigkeit schafft, aber auch zu großen Neurotikern werden lässt. In einer seiner letzten Gruppen-Aktionen „Fuck Your Selfie“ abstrahierten er und andere Künstler auf Pappkartons Gesichter der Galerienbesucher. Seine Strategien finden Nachahmer: An einer Londoner Universität konnten Studenten ein Seminar über Avignons Kunst besuchen.

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Dieses Künstlerselfie gibt es auch gedruckt in der aktuellen Super Paper.

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